Wenn ein Grundstück am Steilhang ins Rutschen gerät, dürfen Bauwerke darauf abgerissen werden, sagt das VG Schleswig. Das gelte unabhängig davon, ob die Anlage genehmigungsfähig sei oder Bestandsschutz genieße, denn schon durch die konkrete Absturzgefahr sei das Grundstück nicht mehr zum Bebauen geeignet (Beschluss vom 28.04.2025 – 8 B 6/25).
"[Es] erhöhen sich die Gefahren für Personen […], wenn nicht nur das Erdreich mit etwaigen Pflanzen abstürzt, sondern auch ein Schuppen samt seinem Inhalt." Mit diesem Bild illustrierte das VG Schleswig die Gefahren, die nach seiner Ansicht von einer Hütte an der Kante einer Steilküste ausgingen. Schon als der Eigentümer das Grundstück in den Neunzigerjahren gekauft hatte, verringerte sich die Größe des Grundstücks durch Erosion um 50-100 cm pro Jahr. 2013 musste sein Wochenendhaus aus diesem Grund schon abgerissen werden, im Februar 2024 - nach fast genau dreißig Jahren - stellte ein Baukontrolleur dann fest, dass inzwischen auch die Gartenhütte zu nah an die Abbruchkante gerückt war. Viereinhalb Meter trennten den Schuppen noch vom Abgrund. Grund genug für die Bauaufsichtsbehörde, im Januar 2025 eine Beseitigungsanordnung zu erlassen: Bis Februar 2025 sollte der Eigentümer die Hütte abreißen, andernfalls drohe ein Zwangsgeld von 5.000 Euro. Die Behörde ordnete auch die sofortige Vollziehung des Bescheids an.
Deshalb wandte sich der Eigentümer im Eilverfahren gegen den Bescheid. Seit der Begehung durch den Kontrolleur habe sich die Abbruchkante nicht mehr verändert, behauptete er. Außerdem könne die Behörde kein großes Eilbedürfnis haben, wenn der Bescheid erst sieben Monate nach der Begehung gefertigt worden sei. Von einer Gefahr für andere Personen sei nicht auszugehen, schließlich sehe die Behörde für die Gastronomie direkt unter der Steilküste ebenfalls keine Gefahr. Ob die Hütte genehmigt worden war, sei unklar, jedenfalls aber genieße sie wegen der Duldung durch die Baubehörden inzwischen Bestandsschutz. Sollte es wieder zu größeren Abbrüchen kommen, werde er den Abriss selbst veranlassen – ganz ohne Bescheid. Diese Argumente ließ das VG Schleswig jedoch nicht gelten, es kassierte aber immerhin die Zwangsgeldandrohung.
Wenn ein Schuppen abstürzt, wird’s besonders brenzlig
Laut der 8. Kammer des VG kann von vornherein dahinstehen, ob die Hütte baurechtlich zulässig war oder Bestandsschutz genießt, da schon die konkrete Gefahr für einen Eingriff durch die Baubehörde ausreicht. Die baurechtliche Generalklausel § 58 SHLBO erlaubt es Bauaufsichtsbehörden, die "erforderlichen Maßnahmen" zu treffen, wenn die Nutzung gegen eine öffentlich-rechtliche Vorschrift verstößt. Die Hütte verstoße gegen § 13 SHLBO, der festlegt, dass Baugrundstücke "ihrer Beschaffenheit nach für die bauliche Anlage geeignet" sein müssen – und zwar so, dass äußere Einflüsse wie Wasser, Feuchtigkeit oder physikalische Einflüsse keine Gefahren entstehen lassen.
Der Abbruch der Steilküste sei gerade ein solcher physikalischer Prozess, dessentwegen die Hütte in absehbarer Zeit nicht mehr geschützt sei, meinte das VG Schleswig. Es bestehe kein Zweifel, dass der Küstenbereich stetig abbreche, in der Vergangenheit sogar um bis zu zwei Meter auf einmal. Aufgrund der übrigen Entfernung von etwa fünf Metern würden zwei bis drei große Abbrüche bereits für einen Absturz genügen, so die Kammer. Zudem habe der Landesbetrieb für Küstenschutz erklärt, dass bereits eine einzelne Sturmflut zu einem Absturz führen könne.
Dass – wie der Eigentümer argumentiert hatte – auch Bäume oder sogar Bunkerteile von der Steilküste hinabstürzen würden, könne hier nicht entgegengehalten werden. Denn die Gefahren für Personen im Schuppen, davor und unten am Strand würden sich jedenfalls erhöhen, wenn nicht nur das Erdreich mit etwaigen Pflanzen herabstürze, sondern auch ein Schuppen samt Inhalt. Außerdem würden Wurzelgeflechte zur Stabilisierung von Küsten beitragen, wohingegen der Schuppen stabilisierende Pflanzen behindere, wenn nicht sogar durch sein Eigengewicht einen Absturz begünstige.
Verhältnismäßigkeit gewahrt
Das Gericht hatte die Entscheidung der Behörde zudem auf Ermessensfehler zu überprüfen, insbesondere auf die Verhältnismäßigkeit. Dabei spreche die Abwägung im Ergebnis für die Behörde, befand das VG.
Der Eingriff in die Rechte des Eigentümers wiege hier nicht schwer, da die Hütte nur gelegentlich benutzt worden sei – im Gegensatz zu dem vormaligen Wochenendhaus. Außerdem wolle der Eigentümer die Hütte bei fortschreitender Erosion ohnehin von selbst abtragen. Auf der anderen Seite stehe der Schutz von Leben und Gesundheit der Personen am Steilhang und am Strand – ein öffentliches Anliegen mit erheblicher Bedeutung. Der Vergleich mit dem nahen Ausflugslokal trug ebenfalls nicht – dieses habe noch einen Abstand von 19 Metern zur Steilküste, Gäste säßen sogar 30 Meter von der Abbruchkante entfernt.
Zuletzt scheiterte auch das Argument, die Behörde habe den Schuppen über mehrere Jahre hinweg geduldet. Eine Duldung lasse sich – so das VG – nur aus einem aktiven Handeln der Behörde ableiten. Dass sie den Schuppen in der Vergangenheit gesehen, aber nichts dazu gesagt habe, lasse noch nicht auf eine Duldungsabsicht schließen. Zudem wäre eine Duldung höchstens auf die fehlende Baugenehmigung gerichtet gewesen, keinesfalls auf die Absturzgefahr.
Die Abrissverfügung sowie die Anordnung des sofortigen Vollzuges ließ das VG somit gelten. Die Androhung des Zwangsgeldes von 5.000 Euro scheiterte allerdings an einer unangemessenen Frist. Die Verfügung sei verspätet versendet worden, sodass dem Eigentümer nur noch neun Tage geblieben seien, um der Aufforderung nachzukommen. Das sei jedenfalls zu wenig, zumal er nicht in der gleichen Stadt wohne und das Grundstück nur über Wanderwege zu erreichen sei.