Das VG Schleswig hat entschieden, dass dem § 2 EEG ("besondere Bedeutung der erneuerbaren Energien") für baubehördliche Entscheidungen eine herausragende Bedeutung zukommt. Wegen eines "überragenden öffentlichen Interesses" durfte eine kleine Photovoltaikanlage in einem Außenbereichsgrundstück stehen bleiben. Selbst wenn man das anders sähe, sei jenes überragende öffentliche Interesse immerhin in die behördliche Abwägung einzustellen (Urteil vom 17.07.2025 – 8 A 134/23).
Über 6.500 Quadratmeter Fläche, ein denkmalgeschütztes Haus mit Reetdach und zwei Schafe zur "Landschaftspflege" – zu dem norddeutschen Idyll gehören nun auch zwei frei stehende Solarmodule. So entschied es das VG Schleswig, das eine Beseitigungsanordnung der Baubehörde kassierte.
Die Eigentümer des Grundstücks hatten ursprünglich einen Bauvorbescheid für eine 35 Meter lange Photovoltaikanlage beantragt. Als das abgelehnt wurde, errichteten sie eine kleinere Anlage, mit zwei hintereinanderstehenden Paneelen und einer Länge von über 8 Metern. Bei einer Begehung fiel der Behörde sowohl diese neue Anlage als auch ein nicht genehmigter Blechschuppen auf, woraufhin sie im März 2022 den Abriss anordnete. Sie war der Ansicht, die Solaranlage widerspreche dem Flächennutzungsplan, schöbe den Bebauungszusammenhang zu weit heraus und würde außerdem die Eigenart der Landschaft beeinträchtigen. Insgesamt verstoße sie daher gegen öffentliches Recht.
Die Eigentümer sahen das anders und zogen nach einem erfolglosen Widerspruchsverfahren vor das VG Schleswig. Dort bekamen sie nun Recht – immerhin im Hinblick auf die Photovoltaik-Module.
Nicht privilegiert, aber zulässig
Die 8. Kammer stellte klar, dass die Außenbereichsanlage wegen ihres Umfangs zwar genehmigungsfrei, aber nicht im Sinne des Baugesetzbuches privilegiert sei. Daher wird das Vorhaben nicht mit den öffentlichen Belangen umfassend abgewogen (§ 35 Abs. 1 BauGB), sondern es genügt bereits die "Beeinträchtigung" irgendeines öffentlichen Belangs ("sonstiges Vorhaben" im Sinn des § 35 Abs. 2 BauGB). Das hätte – so das Gericht - nur anders gelegen, wenn die Anlage im Zusammenhang mit einem landwirtschaftlichen Betrieb stehe (§ 35 Abs. 1 Nr. 9 BauGB), was wiederum nur anhand der Schafe hier nicht angenommen werden könne: Die Tiere würden nur zur "Landschaftspflege" und nicht etwa für die Wollproduktion, Schlachtung oder Milcherzeugung gehalten.
Als entgegenstehender öffentlicher Belang sei hier etwa ein Widerspruch mit dem Flächennutzungsplan in Betracht gekommen (§ 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB), der für das Grundstück eine landwirtschaftliche Nutzung vorgesehen hatte. Dieser Nutzung hätten die Eigentümer aber bereits bei dessen Beschluss widersprochen – sie nutzen das Grundstück neben dem Haus lediglich als Garten und nicht als Landwirtschaftsfläche. Das schmälere die "Aussagekraft" des Flächennutzungsplans im Hinblick auf etwaige betroffene öffentliche Belange bis zur Funktionslosigkeit, zumal das Wohnhaus unter Denkmalschutz stehe – es sei damit gar nicht nur Sache der Eigentümer, diese Nutzung zu ändern.
Ebenso wenig seien Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege betroffen. Die Solaranlage sei mit 50 m2 lediglich eine "untergeordnete Nebenanlage" des Wohnhauses und beeinträchtige die Landschaft somit nicht. Auch die Natur werde nicht belastet: "Allein aus einem Schatten kann nicht gefolgert werden, dass Belange des Naturschutzes beeinträchtigt wären".
Das Gericht wies entscheidend darauf hin, dass § 2 EEG bei der Beurteilung öffentlicher besonders zu berücksichtigen sei. Das dort normierte "überragende öffentliche Interesse" an erneuerbarer Stromversorgung sei nicht nur ein bloßer Programmsatz, sondern eine verbindliche Maßgabe für die Verwaltung. Die besondere Bedeutung solcher Anlagen müsse bei Entscheidungen nach Landesrecht grundsätzlich beachtet werden, sodass hier erst recht nicht von einem entgegenstehenden öffentlichen Belang gesprochen werden könne.
EEG darf nicht ignoriert werden
Selbst wenn man – entgegen der Ansicht des Gerichts - in § 2 EEG nicht von vornherein einen herausragenden öffentlichen Belang sähe, der das Vorhaben nach § 35 BauGB erlaube, müsse die Behörde ihn jedenfalls in die Abwägung einstellen. Hier war § 2 EEG nicht in diesem Sinne in die Abwägung eingeflossen, sodass die Entscheidung damit mindestens ermessensfehlerhaft gewesen sei. Außerdem habe die Behörde nicht beachtet, dass der Anbau der Solaranlage am Dach aus Denkmalschutzgründen unmöglich gewesen wäre, was wiederum ein Ermessensfehler sei.
§ 2 EEG normiere zwar keinen absoluten Vorrang des öffentlichen Interesses an Solaranlagen, sehr wohl aber einen "relativen Gewichtungsvorrang" – damit überwiege es nicht immer automatisch, aber immerhin im Regelfall. Damit verfange auch das Argument der Behörde nicht, der Gesetzgeber hätte Solaranlagen im Außenbereich als privilegiert normieren können, wenn er sie denn dort regelmäßig gewollt hätte.