Protestcamp auf Sylt muss geräumt werden

Die Auflösung des Protestcamps auf dem Rathausplatz in Westerland auf Sylt war rechtmäßig. Dies hat das Verwaltungsgericht Schleswig in einem Eilverfahren entschieden. Aufgrund unzureichender sanitärer Verhältnisse im Camp und rücksichtslosen Lärms sei inzwischen eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit eingetreten, die eine Auflösung des Camps als verhältnismäßig erscheinen lasse, so das VG.

VG: Grundrechtsschutz nicht grenzenlos

Am 02.08.2022 hatten die Veranstalter eine Versammlung unter dem Namen "Asyltziale ArmeFraktion: politisches und satirisches Protestcamp" angemeldet. Weil mit dem Camp jedenfalls auch politische Ziele verfolgt worden seien (unter anderem "Zeltverbot abschaffen" und "Freies Wegerecht für Sylt"), fielen sowohl das Anliegen als auch die Camp-Infrastruktur unter den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit des Art. 8 GG, so die Kammer. Jedoch sei der Schutz von länger andauernden Protestcamps nicht grenzenlos. Die Versammlungsbehörde könne das Versammlungsrecht des Veranstalters bei einer unmittelbaren Gefahr für die öffentliche Sicherheit einschränken. 

Unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit 

Das VG teile die Bewertung der Versammlungsbehörde, dass im Zusammenhang mit den unzureichenden sanitären Verhältnissen im Camp und wegen der unmittelbaren Gefahr einer rücksichtslosen Lärmbelastung für die Anlieger inzwischen eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit eingetreten ist. Diese lasse es als verhältnismäßig erscheinen, eine Fortsetzung des Protestcamps über den 31.08.2022 hinaus zu unterbinden. Je länger eine Versammlung andauere, desto schwerer wögen die durch sie verursachten Verletzungen der Rechte Dritter, so das VG.

Notdurft auf privaten und öffentlichen Flächen verrichtet

Insbesondere hätten die Protestierenden sich nicht an die Vorgabe gehalten, Chemietoiletten vorzuhalten und zu benutzen, heißt es im mitgeteilten Beschluss weiter. Vielmehr hätten sie ihre Notdurft auf umliegenden privaten und öffentlichen Flächen verrichtet. Es sei zu erheblichen Verschmutzungen und Geruchsbeeinträchtigungen der Anlieger durch menschliche und tierische Exkremente gekommen. Die von der Gemeinde zur Verfügung gestellten Chemietoiletten hätten aufgrund von Vandalismus nicht zu einer Verbesserung geführt.

Ruhestörungen und Angriffe auf Polizeibeamte 

Ferner habe es laut Stellungnahme der Landespolizei Ruhestörungen gegeben. Zu Beginn seien es nur leichtere Verstöße gewesen. Am 31.08.2022 sei es jedoch zu wiederholten Polizeieinsätzen gekommen, wobei die eingesetzten Beamten nicht bloß beleidigt, sondern auch mit Flaschen beworfen worden sind. Eine Polizistin sei dabei verletzt worden. Auch die von der Versammlungsleitung eingesetzten Ordner hätten es nicht geschafft, im Camp hinreichend für Ordnung zu sorgen, so das Gericht. Für die Zukunft sei daher nicht mit einer Verbesserung der Verhältnisse, sondern eher mit einer erhöhten Rücksichtslosigkeit zu rechnen, entschied das Gericht weiter.

VG Schleswig, Beschluss vom 06.09.2022 - 3 B 80/22

Gitta Kharraz, 7. September 2022.