Anmerkung von
Rechtsanwalt Ottheinz Kääb, LL.M., Fachanwalt für Verkehrsrecht und für Versicherungsrecht,
Rechtsanwälte Kääb Bürner Kiener & Kollegen, München
Aus beck-fachdienst Straßenverkehrsrecht 6/2017 vom 13.04.2017
Diese Urteilsbesprechung ist Teil des zweiwöchentlich erscheinenden Fachdienstes Straßenverkehrsrecht. Neben weiteren ausführlichen Besprechungen der entscheidenden aktuellen Urteile im Straßenverkehrsrecht beinhaltet er ergänzende Leitsatzübersichten und einen Überblick über die relevanten neu erschienenen Aufsätze. Zudem informiert er Sie in einem Nachrichtenblock über die wichtigen Entwicklungen in Gesetzgebung und Praxis des Straßenverkehrsrechts. Weitere Informationen und eine Schnellbestellmöglichkeit finden Sie unter www.beck-online.de
Sachverhalt
Der 76-jährige Kläger fuhr trotz 1,18 Promille mit einem Pkw und geriet in eine Kontrolle. Er erhielt nach § 316 Abs. 1 und 2 StGB einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen und einer Fahrerlaubnissperre von fünf Monaten.
Als er die Neuerteilung der Fahrerlaubnis beantragte, verlangte die Behörde die Vorlage eines MPU-Gutachtens. Der Kläger legte kein Gutachten vor und führte aus, dass er verkehrsrechtlich nie beanstandet worden sei. Es liege kein Alkoholmissbrauch vor.
Die Behörde lehnte die Neuerteilung ohne Vorlage eines Gutachtens weiter ab. Dagegen erhob der Kläger zunächst Widerspruch und dann Klage, beides ohne Erfolg.
Rechtliche Wertung
Das VG schloss sich der Begründung der Widerspruchsbehörde an, die festgestellt hatte, dass ein Anspruch auf Erteilung der Fahrerlaubnis nicht bestehe, solange Eignungszweifel vorlägen, welche die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens rechtfertigten. Wenn sich der Betroffene weigere, sich untersuchen zu lassen, könne eine Fahrerlaubnis nicht erteilt werden. Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV ordne die Fahrerlaubnisbehörde an, dass zu Klärung von Eignungszweifeln ein medizinisch-psychologisches Gutachten im Sinne des § 11 Abs. 3a FeV beizubringen sei, wenn nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für einen Alkoholmissbrauch vorlägen oder sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründeten. Nach Buchstabe d sei eine MPU u.a. dann anzuordnen, wenn die Fahrerlaubnis aus einem unter Buchstaben a bis c genannten Grund entzogen worden war. Unter Entziehung im Sinne von Buchstaben d sei auch die strafgerichtliche Entziehung nach § 69 StGB zu verstehen. Die Bejahung von Eignungszweifeln könne bereits ab 1,1 Promille unterstellt werden.
Praxishinweis
Am 06.04.2017 hat das Bundesverwaltungsgericht in zwei Entscheidungen der zwingenden Anordnung nach jeder Entziehung der Fahrerlaubnis durch den Strafrichter eine Absage erteilt. In den beiden Entscheidungen war es auch jeweils um Straftaten nach § 316 StGB gegangen, wobei es im Verfahren BVerwG 3 C 24.15 um eine BAK von 1,28 Promille geht und im Verfahren BverwG 3 C 13.16 um eine BAK vom 1,13 Promille. Die strafgerichtliche Entziehung einer Fahrerlaubnis wegen einer Trunkenheitsfahrt sei kein eigenständiger von der 1,6 Promillegrenze unabhängiger Sachgrund für die Anforderung eines Gutachtens, so das BVerwG. Als diese Anmerkung geschrieben wurde, lagen die Entscheidungsgründe der beiden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht vor. Wir berichten jedoch in unserer Nachrichtenrubrik in dieser Ausgabe über die Entscheidungen.
Wir legen das Urteil des VG gleichwohl noch vor, weil in ihm der Meinungsstreit zur MPU nach einem Alkoholverstoß mit zwischen 1,1 und 1,6 Promille umfassend behandelt wird. Entscheidungen pro und contra MPU sind umfassend zitiert. Die Entscheidung sei Ihnen daher zur Lektüre empfohlen.