Die Familie mit vier minderjährigen Kindern hatte mehrere Jahre in Lychen in der Uckermark gewohnt. Sie war am 22. Juli in den Irak abgeschoben worden. Am selben Tag hob das VG Potsdam wegen eines Eilantrags zwar die Ausreisepflicht der Familie auf, aber die Abschiebung lief da bereits. Der Fall sorgte über Brandenburg hinaus für Schlagzeilen.
Anders als die Familie geht das Gericht in dem unanfechtbaren Beschluss nicht davon aus, dass die Abschiebung rechtswidrig war (Beschluss vom 7. August - VG 16 L 866/25.A). Nach einer Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom März 2023 sei sie ausreisepflichtig gewesen, so die Potsdamer Richter. Das BAMF hatte die geltend gemachten Ansprüche auf internationalen Schutz als offensichtlich unbegründet bewertet und keine Abschiebungsverbote festgestellt. Die gegen die daraufhin erlassene Abschiebungsandrohung gerichtete Klage war ebenfalls erfolglos geblieben (Beschluss vom 20. April 2023 - VG 16 L 201/23.A).
Vergeblich hatte die Familie rund zwei Jahre lang versucht, sich vor Gericht gegen die Ablehnung ihres Asylantrags zu wehren. Ende Juli wies das Potsdamer VG ihre Klage gegen die Ablehnung ihres Asylantrags als unbegründet ab. Lediglich die im BAMF-Bescheid enthaltene Feststellung der "Offensichtlichkeit" der Ablehnung wurde aufgehoben, da neue Dokumente im Laufe des Klageverfahrens eingereicht wurden.
Das VG ging dabei nicht davon aus, dass die Kläger eine "individuelle Verfolgung" erlitten haben. Außerdem sah es keine beachtliche individuelle Bedrohung wie etwa eine Verfolgung durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine aktuelle Gruppenverfolgung von Jesiden. Der Bundestag hatte 2023 Verbrechen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Jahr 2014 an der religiösen Minderheit als Völkermord anerkannt.
Forderungen nach Rückholung
Das Gericht sei weiter der Auffassung, dass den Antragsstellern keine Schutzrechte zukommen, hieß es nun in der aktuellen Entscheidung. Dass die Richter am Tag der Abschiebung die Ausreisepflicht der Familie wegen eines Eilantrags aufgehoben hatten, spielte nach Angaben des Sprechers für die aktuelle Entscheidung keine Rolle mehr. Denn zu dem Zeitpunkt sei die Familie bereits im Irak gewesen und die Abschiebung vollstreckt.
Der Abänderungsbeschluss vom 22. Juli sei der Familie an diesem Tage erst zu einem Zeitpunkt bekannt gegeben und damit wirksam worden, zu dem sie nach der Landung des Charterflugs in Bagdad bereits den irakischen Behörden übergeben worden war und damit die Abschiebung beendet war. Eine Rückwirkung des Änderungsbeschlusses auf die Zeit vor seiner Bekanntgabe ist nach Auffassung des Gerichtes nicht gegeben. Der Antrag, die Bundesrepublik zur Wiedereinreise zu verpflichten, sei damit unbegründet.
Politiker von SPD, Grünen und der Linken hatten die Rückholung der Familie verlangt, die im Irak bei Verwandten sind. Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl hält die Abschiebepraxis von Deutschland für unmenschlich und dringt auf einen Abschiebestopp für Jesidinnen und Jesiden aus dem Irak.
Schulklasse überreicht Petition
Auch eine Schulklasse kämpft für die Rückholung der Familie. Zwei Schüler und eine Schülerin der sechsten Klasse überreichten am Donnerstag Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke eine Petition und einen Protestbrief. "Die Zukunft der Familie liegt in ihrer Hand. Handeln Sie und holen Sie die Familie zurück - jetzt!", heißt es in dem Brief an Innenminister René Wilke (parteilos), den die 13-jährige Leonie vorlas. Rund 35.000 Menschen haben die Petition auf der Plattform Change.org inzwischen unterschrieben.
Wilke hatte angekündigt, er wolle die Familie in Abstimmung mit dem Bund zügig zurückholen. Voraussetzung sei aber eine entsprechende juristische Grundlage. Bislang sah das Innenministerium keine Möglichkeit für eine Rückholung. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte eine kritische Auswertung des Falles angekündigt, aber darauf verwiesen, dass das Gerichtsurteil akzeptiert werden müsse.