Corona-Infektion: Ein schlecht gelüftetes Mini-Büro macht noch keinen Dienstunfall

Schlechte Belüftung und das kleine Büro teilte sie sich mit zwei Kolleginnen, die auch Corona hatten: Aus Sicht des VG Neustadt an der Weinstraße war die Infektion einer Beamtin mit dem SARS-CoV-2 Virus trotzdem kein Dienstunfall. Ohne Publikumsverkehr sei das kein besonders gefährlicher Dienstort.   

Eine Beamtin auf Lebenszeit, die im Kreishaus als Referatsleiterin arbeitete, erlitt im März 2020 eine Coviderkrankung, von der sie sich nicht mehr erholte. Im Januar 2021 wurde sie dauerhaft dienstunfähig, im August 2022 in den vorzeitigen Ruhestand versetzt.

Sie forderte unter anderem die Anerkennung der Erkrankung als Dienstunfall, weil sie der Ansicht war, sich bei der Arbeit angesteckt zu haben: Sie habe in einem kleinen Büro mit zwei weiteren Kolleginnen arbeiten müssen, die ebenfalls mit dem Corona-Virus infiziert worden waren. Außerdem habe sie auf dem Weg in ihr Büro immer einen Flur des Ausländeramts mit lauter wartenden Migranten passieren müssen, wobei sie den gebührenden Abstand nicht hätte wahren können.

Kein erhöhtes Ansteckungsrisiko durch bloße Verwaltungstätigkeit ohne Publikumsverkehr

Doch das VG Neustadt lehnte eine Anerkennung als Dienstunfall nach § 42 Abs. 1 LBeamtVG ab. Die Beamtin habe nicht beweisen können, dass sie sich im Kreishaus an einem bestimmten Tag mit dem Virus infiziert hatte, und damit die Ansteckung weder örtlich noch zeitlich bestimmen können.

Die Neustädter Richterinnen und Richter mochten in der Covid-Infektion  auch keine Krankheit im Sinne von § 42 Abs. 3 LBeamtVG iVm Anlage 1 Nr. 3101 der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) sehen. Die Vorschrift erklärt bestimmte Krankheiten zu Dienstunfällen, wenn die Beamtin „nach der Art ihrer dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt war“. Die Referatsleiterin sei nicht im Gesundheitsdienst oder an einem ähnlich gefährlichen Ort tätig gewesen. In ihrem Büro sei sie dem Corona-Virus nicht wie zB in einem Krankenhaus in einem besonders hohen Maße ausgesetzt gewesen, sondern nur in einem gewöhnlichen Maße wie an jedem anderen Ort. Weder ihre Tätigkeit noch ihr Arbeitsplatz haben dem VG zufolge das Erkrankungsrisiko gegenüber der übrigen arbeitenden Bevölkerung signifikant erhöht.

Auch das Risiko beim Passieren des Publikums vor dem Ausländeramt bewerteten die Neustädter Richter als zu gering. Die Beamtin könne schon nicht belegen, dass dort eine Person überhaupt infiziert gewesen wäre. Zudem erhöhe auch ein bloßes Vorbeigehen das Risiko im Vergleich zu anderen Personen nicht.   

VG Neustadt a.d. Weinstraße, Urteil vom 26.04.2023 - 1 K 486/22

Redaktion beck-aktuell, rw, 16. August 2023.