Ordnungsamt darf Pausenräume von Prostituierten betreten

Mitarbeiter des Ordnungsamtes dürfen zur Überwachung der gewerberechtlichen Vorschriften auch die Pausenräume in einem Bordell betreten. Dies hat das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße mit einem am Freitag veröffentlichten Urteil klargestellt. Weder das Prostituiertenschutzgesetz noch die Gewerbeordnung unterscheide zwischen einem konzessionierten und einem nicht konzessionierten Bereich, so das Gericht.

Sozialraum mit Küche und Wintergarten

Die Klägerinnen betreiben eine Prostitutionsstätte in Speyer. Neben zehn Arbeitszimmern zur Erbringung sexueller Dienstleistungen, einem Lagerraum, drei Bädern und zwei Empfangsräumen gibt es auch einen mittels Vorhang und Tür abgetrennten und als "Privat" gekennzeichneten Sozialraum mit Küche und Wintergarten sowie 11 Ruheräume und ein großes Bad für die Prostituierten und sonstigen Beschäftigten. Bei einer Routinekontrolle zur Überwachung der Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften am 13.06.2022 betraten Mitarbeiter der beklagten Stadt Speyer auch diese als "Privat" gekennzeichneten Räumlichkeiten, wobei zwischen den Beteiligten streitig ist, ob dies mit Erlaubnis einer Mitarbeiterin der Klägerinnen geschah. Dies halten die Klägerinnen für rechtswidrig.

Geschäftsräume müssen nicht öffentlich zugänglich sein

Das VG wies die Klage jetzt ab. Auch Aufenthalts- und Ruheräume für Prostituierte und sonstige Beschäftigte stellt Geschäftsräume dar, zu deren Betreten die Beklagte im Rahmen ihrer Überwachungspflichten berechtigt sei. Geschäftsräume seien nicht nur öffentlich beziehungsweise für Kunden zugängliche Räume, sondern alle abgeschlossenen Räumlichkeiten, die jedenfalls überwiegend und für eine gewisse Dauer für gewerbliche, wissenschaftliche, künstlerische und ähnliche, nicht notwendig auf Erwerb gerichtete Geschäfte benutzt würden. Dafür, dass darunter auch die als "Privat" gekennzeichneten Räumlichkeiten der Klägerinnen zu fassen seien, spreche bereits der Umstand, dass schon die Erlaubnis zum Betrieb der Prostitutionsstätte auf den Grundrissplan des Betriebs verweise und dabei keine Unterscheidung zwischen einem "Privatbereich" und einem Geschäftsbereich treffe. Auch kenne weder das Prostituiertenschutzgesetz noch die Gewerbeordnung einen Unterschied zwischen einem konzessionierten und einem nicht konzessionierten Bereich. Darüber hinaus sei die Vorhaltung von Ruheräumen zum Betrieb einer Prostitutionsstätte verpflichtend und bei dem Antrag auf Erlaubniserteilung nachzuweisen.

Kontrollbehörden durften Räume zum Zweck der Überwachung betreten

Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Mitarbeiter der Beklagten diese Räumlichkeiten zu einem anderen Zweck als dem der gewerberechtlichen Überwachung betreten hätten. Vor diesem Hintergrund stelle das Betreten der Räume der Prostitutionsstätte auch keinen Eingriff in das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung dar. Zwar unterfielen auch reine Betriebs- und Geschäftsräume diesem Grundrecht, ein – grundsätzlich dem Richtervorbehalt unterliegender – Eingriff liege aber dann nicht vor, wenn Kontrollbehörden diese auf Grundlage einer konkreten Ermächtigungsgrundlage zu den üblichen Geschäftszeiten lediglich zu dem Zweck der Überwachung betreten würden.

VG Neustadt a.d. Weinstraße, Urteil vom 26.01.2023 - 4 K 602/22

Redaktion beck-aktuell, 10. Februar 2023.

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