Nächtliche Ausgangsbeschränkungen im Rhein-Pfalz-Kreis bestätigt

Ein im Rhein-Pfalz-Kreis lebender Mann hat sich ohne Erfolg gegen die vom Kreis am 11.01.2021 verfügte nächtliche Ausgangsbeschränkung gewandt. Sein Eilantrag scheiterte bereits an der fehlenden Darlegung seiner persönlichen Betroffenheit. Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße führte aus, die Allgemeinverfügung erfülle voraussichtlich die rechtlichen Vorgaben. Auch eine Interessenabwägung falle zulasten des Antragstellers aus.

Ausgangsbeschränkung zwischen 21.00 Uhr und 5.00 Uhr

Die vom Rhein-Pfalz-Kreis erlassene Allgemeinverfügung gilt vorerst bis zum 31.01.2021. Danach sind täglich im Zeitraum zwischen 21.00 Uhr und 5.00 Uhr des Folgetages das Verlassen einer im Gebiet des Rhein-Pfalz-Kreises gelegenen Wohnung oder Unterkunft und der Aufenthalt außerhalb der eigenen Wohnung oder Unterkunft grundsätzlich untersagt. Ferner ist während des genannten Zeitraums der Aufenthalt im Gebiet des Rhein-Pfalz-Kreises grundsätzlich auch Personen untersagt, die nicht dort sesshaft sind. Ausnahmen gelten nur bei Vorliegen von triftigen Gründen, die beispielhaft aufgezählt werden.

Antragsteller beruft sich auf auf Unverhältnismäßigkeit

Der im Kreisgebiet wohnhafte Antragsteller wendet sich mit einem Eilantrag gegen die angeordneten Ausgangsbeschränkungen. Nach der 15. Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz (15. CoBeLVO) vom 11.01.2021 sei der Erlass einer Aufenthaltsbeschränkung erst ab einer Inzidenz von 200 zulässig. Da der Wert im Rhein-Pfalz-Kreis seit dem 26.12.2020 permanent darunter liege, sei die Verfügung unverhältnismäßig beziehungsweise könne sie nicht auf die 15. CoBeLVO gestützt werden.

Antragsbefugnis fehlt

Das VG hat den Eilantrag abgelehnt. Der Antragsteller habe in keiner Weise dargelegt, inwiefern er von den umstrittenen nächtlichen Ausgangsbeschränkungen persönlich betroffen sein könnte, weil er beabsichtige, sich innerhalb des Geltungsbereichs der Allgemeinverfügung im Zeitraum zwischen 21.00 Uhr und 5.00 Uhr des Folgetages außerhalb seiner Wohnung aufzuhalten, ohne dass ein Ausnahmefall wegen eines triftigen Grundes im Sinne der Ziff. 4 der Allgemeinverfügung vorliege. Der Antragsteller beschränke sich in seiner Antragsbegründung nur darauf, allgemein auf die gesunkenen Inzidenzwerte im Landkreis zu verweisen. Dies genüge nicht, um die Antragsbefugnis zu begründen.

Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes eingehalten

Ungeachtet dessen entspreche die angefochtene Allgemeinverfügung voraussichtlich den rechtlichen Vorgaben. Die Vorgaben der einschlägigen Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes seien gewahrt. Die in Ziff. 3 der Allgemeinverfügung getroffene Ausgangsbeschränkung während der Nachtzeit sei ausführlich damit begründet worden, dass die Mobilität und zugleich die nicht essentiell notwendigen Kontakte am späten Abend und in der Nacht zu beschränken seien. Insbesondere sei darauf abgestellt worden, dass sich die Fallzahlen gegenüber der Zeit kurz vor Weihnachten 2020 zwar verringert hätten, jedoch nicht in einem ausreichenden Maß. Die Lage in den Krankenhäusern sei weiter angespannt. Eine Überlastung des Gesundheitswesens sei noch immer vorhanden und drohe sich auch vor dem Hintergrund der neu aufgetretenen Mutation zu verschärfen.

Nächtliche Ausgangsbeschränkung auch unterhalb des Inzidenzwertes von 200 zulässig

Die vom Antragsteller in Bezug genommene Regelung in § 23 Abs. 3 der 15. CoBeLVO stehe der angefochtenen Allgemeinverfügung nicht entgegen. Danach stimmten die Landkreise und kreisfreien Städte, in denen die Sieben-Tages-Inzidenz über einem Wert von 200 liege, im Einvernehmen mit dem für die gesundheitlichen Angelegenheiten zuständigen Ministerium über diese Verordnung hinausgehende zusätzliche Schutzmaßnahmen ab. Damit begründe § 23 Abs. 3 CoBeLVO zwar eine Verpflichtung zur Abstimmung zusätzlicher Schutzmaßnahmen erst ab einem Inzidenzwert von 200. Dass wie hier – im Einvernehmen mit dem Ministerium – auch nach Unterschreiten dieses Werts an zusätzlichen Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung festgehalten werde, bleibe davon jedoch unberührt.

Keine Anhaltspunkte für unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkung

Es ergäben sich ferner derzeit keine Anhaltspunkte für eine unverhältnismäßige Beschränkung der Grundrechte des Antragstellers aufgrund der von ihm beanstandeten Maßnahmen. Auch wenn die Wirksamkeit von Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung der Pandemie auf politischer Ebene nach wie vor unterschiedlich bewertet werde, lägen mittlerweile verfassungs- beziehungsweise obergerichtliche Entscheidungen betreffend die Verhältnismäßigkeit landesweiter Ausgangsbeschränkungen in anderen Bundesländern vor.

Kreis hat mit Ausnahmen ausgeglichene Regelung getroffen

Auch eine erforderliche Güterabwägung würde zum Nachteil des Antragstellers ausfallen. Der Antragsgegner habe nämlich eine umfassende Ausnahmeregelung in Ziff. 4 der angefochtenen Allgemeinverfügung des Antragsgegners getroffen. Die beispielhafte Aufzählung triftiger Gründe für eine Ausnahme von der nächtlichen Ausgangsbeschränkung zeige, dass er nicht nur berufliche oder gesundheitliche, sondern auch sonstige private Interessen habe umfassend berücksichtigen wollen. Demgegenüber fielen die zu erwartenden Folgen einer Außervollzugsetzung der angegriffenen Ausgangsbeschränkung erheblich schwerer ins Gewicht. In Anbetracht der überragenden Bedeutung des Rechts auf Leben und Gesundheit der Bevölkerung und angesichts der weiterhin zeitlich begrenzten Geltungsdauer der Regelungen überwögen die mit den ausgesprochenen Anordnungen verfolgten öffentlichen Interessen und der Schutz der Grundrechte Dritter die Interessen des Antragstellers eindeutig.

VG Neustadt a.d. Weinstraße, Beschluss vom 19.01.2021 - 5 L 18/21

Redaktion beck-aktuell, 21. Januar 2021.