Landkreis lehnte Auskunft über Infektionszahlen in Ortsgemeinden ab
Die Antragstellerin ist Herausgeberin der in Pirmasens erscheinenden Regionalzeitung "Pirmasenser Zeitung". Der Landkreis Südwestpfalz lehnte ihren Antrag, ihr die Corona-Infektionszahlen aufgeschlüsselt nach den einzelnen Ortsgemeinden des Landkreises Südwestpfalz mitzuteilen, mit der Begründung ab, auf Empfehlung des Landesdatenschutzbeauftragten würden keine Infektionszahlen auf Ebene der Ortsgemeinde bekanntgegeben.
Zeitung beruft sich auf Pressefreiheit
Dagegen begehrte die Antragstellerin Eilrechtsschutz. Sie machte geltend, es sei ein Informationsbedürfnis der Bürger über das Infektionsgeschehen in ihrem Heimatort und regionalen Umfeld vorhanden. Denn jeder könne sich besser schützen, wenn er wisse, ob eventuell ein Infektionsgeschehen im direkten Umfeld vorhanden sei. Mit den erwünschten Auskünften sei eine individuelle Zuordnung von Zahlen zu konkret Betroffenen auch in kleinen Ortsgemeinden nicht möglich. Die begehrte Aufschlüsselung führe auch nicht dazu, dass aus der Berichterstattung Rückschlüsse auf bestimmte Personen möglich seien. Die Antragstellerin berief sich auf das grundgesetzlich geschützte Selbstbestimmungsrecht der Presse.
VG verneint presserechtlichen Auskunftsanspruch
Das VG hat den Eilantrag abgelehnt. Die Antragstellerin habe keinen presserechtlichen Auskunftsanspruch auf die begehrten Informationen. Zwar träfen gebietsbezogene Informationen zu den Corona-Fallzahlen aktuell auf ein sehr hohes öffentliches Interesse. Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, dass vielfach diskutierte Eindämmungsstrategien derzeit auch an aktuelle, gebietsbezogene Infektionsfallzahlen anknüpften. Damit böten die umstrittenen Daten zweifellos eine Grundlage der öffentlichen Meinungsbildung. Dabei stehe nicht entgegen, dass das zuständige Gesundheitsministerium des Landes Rheinland-Pfalz nur Zahlen auf der Ebene der Landkreise veröffentliche. Denn es müsse der Presse unbenommen bleiben, selbst zu entscheiden, welche Datengrundlage sie für ihre Berichterstattung heranziehe. Eine Bewertung und Gewichtung des Informationsinteresses der Presse komme grundsätzlich nicht in Betracht.
Geringe Größe der Gemeinden macht Infizierte identifizierbar
Jedoch könne der Antragsgegner die begehrten Auskünfte verweigern, wenn ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde. Dies sei hier der Fall. Das VG sieht eine beachtliche Gefahr, dass eine Veröffentlichung der Infektionszahlen auf Ortsgemeindeebene zu einer Bestimmbarkeit der betroffenen Personen führen würde. Maßgeblich dafür sei vor allem die äußerst kleinteilige Gemeindestruktur im Landkreis Südwestpfalz mit teilweise weniger als 200 Einwohnern. Dementsprechend gering seien die Infektionszahlen. Angesichts dessen sei es nicht nur wahrscheinlich, dass infizierte Personen in den kleinteiligen Gemeinden insbesondere über den Austausch in sozialen Netzwerken bestimmbar seien, sondern dass von dieser Möglichkeit auch tatsächlich Gebrauch gemacht werde.
Gefahr der Stigmatisierung
Denn die bisherige Entwicklung seit dem Ausbruch der Pandemie habe gezeigt, dass im Zuge der zunehmend angespannten politischen Diskussion über den richtigen Umgang auch immer wieder versucht worden sei, anknüpfend an Statistiken darüber zu spekulieren, ob sich infizierte oder unter Quarantäne stehende Einzelpersonen, einzelne Familien oder auch bestimmte Gruppen – möglicherweise zu Unrecht – nicht an die vorgeschriebenen oder empfohlenen Vorsichtsmaßnahmen hielten. Gerade die sehr geringen (absoluten) Infektionszahlen in den maßgeblichen kleinen pfälzischen Ortsgemeinden könnten zu einer solchen Vorgehensweise herausfordern. Damit setze sich der Schutzanspruch der Betroffenen hier gegenüber dem Informationsrecht der Presse durch.