Gesichtsvisier erfüllt Maskenpflicht nicht
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Ein Gesichtsvisier ist im Kampf gegen die Verbreitung des Corona-Virus weniger wirksam als eine Mund-Nasen-Bedeckung und kann eine Alltagsmaske deswegen nicht ersetzen. Mit dieser Begründung hat das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße den Eilantrag eines Schülers abgelehnt, der in der Schule mit einem Gesichtsvisier erschienen war.

Schüler erscheint mit Visier in der Schule

Der Antragsteller ist Schüler eines Gymnasiums in Speyer. Zu Beginn des Schuljahres 2020/2021 trug er wie alle anderen Klassenkameraden eine Mund-Nasen-Bedeckung. Nach einigen Tagen erschien er mit einem Gesichtsvisier in der Schule. Nachdem er von der Schulleitung gebeten worden war, stattdessen eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, wies sein Vater den Schulleiter des Gymnasiums unter Vorlage eines ärztlichen Attestes darauf hin, dass der Antragsteller aus gesundheitlichen Gründen keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen könne. Er bitte darum, dass der Antragsteller mit einem Visier am Unterricht teilnehmen könne. Der Schulleiter wies den Antrag mit der Begründung ab, das vom Antragsteller vorgelegte ärztliche Attest erscheine derzeit nicht geeignet, um ihn von der Maskenpflicht zu befreien, da es an einer schlüssigen ärztlichen Begründung fehle. Es werde anheimgestellt, die bestehenden Bedenken zu zerstreuen.

Schüler hält Visier für ausreichend und begehrt Eilrechtsschutz

Dagegen legte der Antragsteller Widerspruch ein und suchte ferner mit der Begründung, das "Face-Shield" sei eine Mund-Nasen-Bedeckung im Sinn der Zehnten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz (10. CoBeLVO), um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nach. Im Übrigen ergebe sich aus dem vorgelegten ärztlichen Attest, dass er aus gesundheitlichen Gründen keine Mund-Nasen-Maske tragen könne und die Verwendung eines Face-Shields ausreichend sei.

Grundsätzlich Maskenpflicht an Schulen

Das VG hat den Eilantrag abgelehnt. Der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Nach den Bestimmungen der 10. CoBeLVO und dem Hygieneplan-Corona für die Schulen in Rheinland-Pfalz in der seit dem 17.08.2020 geltenden Fassung gelte grundsätzlich die Maskenpflicht für alle Personen auf dem Schulgelände. Diese Pflicht umfasse alle Räume und Flächen im Schulgebäude und im freien Schulgelände. Ausnahmen gebe es unter anderem für Schüler, sobald sie ihren Sitzplatz im Unterrichtsraum erreicht hätten. Darüber hinaus seien vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung unter anderem alle Personen befreit, denen aus gesundheitlichen Gründen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht möglich oder unzumutbar sei. Dies sei durch eine ärztliche Bescheinigung nachzuweisen.

Tragen eines Gesichtsvisiers erfüllt Maskenpflicht nicht

Vorliegend halte sich der Antragsteller nicht an die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, stellte das VG zunächst klar. Entgegen seiner Auffassung sei die Verwendung eines Gesichtsvisiers nicht mit einer Mund-Nasen-Bedeckung im Sinn der 10. CoBeLVO gleichzusetzen. Mund-Nasen-Bedeckungen, auch Alltagsmasken oder Community-Masken genannt, hätten unabhängig von einer Kennzeichnung oder zertifizierten Schutzkategorie die Funktion, als mechanische Barriere dazu beizutragen, die Verbreitung durch virushaltige Tröpfchen in die unmittelbare Umgebung, die man zum Beispiel beim Sprechen, Husten oder Niesen ausstoße, zu reduzieren und dadurch andere Personen zu schützen (Fremdschutz). Deshalb müsse die Mund-Nasen-Bedeckung möglichst eng anliegen und gut sitzen, um das Vorbeiströmen von Luft an den Rändern der Maske zu verringern. Unter den Begriff der "Mund-Nasen-Bedeckung" fielen nach dem Sinn und Zweck der Maskenpflicht Masken, die aus handelsüblichen Stoffen genäht würden. Ein Gesichtsvisier könne – zumindest nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand – nicht als Mund-Nasen-Bedeckung beziehungsweise als Alternative dazu angesehen werden. Aktuelle Studien wiesen darauf hin, dass die Rückhaltewirkung von Visieren auf ausgestoßene respiratorische Flüssigkeitspartikel deutlich schlechter sei. Denn Visiere könnten in der Regel maximal die direkt auf die Scheibe auftretenden Tröpfchen auffangen.

Befreiungsvoraussetzung nicht glaubhaft gemacht

Der Antragsteller habe auch die Befreiungsvoraussetzungen nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Zwar habe er das nach dem Hygieneplan-Corona erforderliche ärztliche Attest vorgelegt. Diesem fehle es jedoch an Aussagekraft. Aus dem Attest müsste sich nachvollziehbar mindestens ergeben, auf welcher Grundlage der Hausarzt seine Diagnose gestellt habe und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstelle. Vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller während des Unterrichts gerade keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen müsse, sodass sich die Nutzungspflicht lediglich auf die Zeit außerhalb des Unterrichts (Pausen, Aufsuchen anderer Unterrichtsräume oder des Sekretariats) beschränke, hätte der Hausarzt darlegen müssen, aus welchen konkreten Gründen es dem Antragsteller unzumutbar sein soll, in diesem relativ kurzen Zeitraum auf dem Schulgelände eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.

VG Neustadt a.d. Weinstraße, Beschluss vom 10.09.2020 - 5 L 757/20

Redaktion beck-aktuell, 14. September 2020.