VG Neustadt: Bereitschaft außerhalb der Feuerwache ist keine Arbeitszeit

Die Zeit, während der ein Beamter im Führungsdienst der Feuerwehr eine Alarmierungsbereitschaft außerhalb der Dienststelle wahrnimmt, muss nicht in vollem Umfang als Arbeitszeit anerkannt werden. Dies hat das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße mit Urteil vom 21.06.2017 entschieden (Az.: 1 K 1117/16.NW).

Ständige Erreichbarkeit und sofortige Einsatzfähigkeit gefordert

Der Kläger leistet im Wechsel mit anderen Beamten der Berufsfeuerwehr der beklagten Stadt einen sogenannten Führungsdienst. Dieser wird als 24-Stunden-Bereitschaft zum Teil während der regulären Arbeitszeiten in der Wache ausgeübt und außerhalb derselben, also zwischen 17 Uhr und 8 Uhr des Folgetages sowie an Wochenenden und Feiertagen, in Alarmierungsbereitschaft. In dieser Zeit kann sich der Führungsdienstbeamte zu Hause oder an einem von ihm selbst gewählten Ort aufhalten. Er muss allerdings durch das Mitführen eines Diensthandys und eines Dienstwagens seine ständige Erreichbarkeit und sofortige Einsatzfähigkeit gewährleisten und sich im Fall eines Einsatzes binnen etwa 20 Minuten in Dienstkleidung auf der Wache oder am jeweiligen Einsatzort einfinden. Kommt es während der Alarmbereitschaft zu kürzeren oder länger dauernden Einsätzen, wird ihm diese Einsatzzeit in vollem Umfang als Arbeitszeit angerechnet. Darüber hinaus gleicht der Dienstherr die Führungsdienstzeit, in der kein Einsatz stattfindet, zu einem Achtel in Freizeit und zu einem weiteren Achtel in Geld aus.

Vollständige Anerkennung des Führungsdienstes als Arbeitszeit begehrt

Der Kläger verfolgt mit seiner Klage die vollständige Anerkennung des Führungsdienstes auch außerhalb der tatsächlichen Einsätze als Arbeitszeit, mit der Folge, dass sie in voller Höhe in Freizeit oder in Geld auszugleichen wäre. Er berief sich dafür auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg aus dem Jahr 2013, in dem anerkannt worden sei, dass die Zeit eines vergleichbaren Bereitschaftsdienstes in der Feuerwehr wegen der erheblichen tatsächlichen Einschränkungen und Sachzwänge, denen der Beamte aufgrund des ständigen Bereithaltens für einen Einsatz unterliege, nicht als Freizeit, sondern in vollem Umfang als Arbeitszeit zu bewerten sei.

VG Neustadt: Aufenthaltsort maßgeblich

Das VG Neustadt folgte dieser Argumentation nicht. Nach der bisherigen, ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts erfolge die Abgrenzung zwischen Arbeitszeit und Ruhezeit danach, ob der Betreffende sich während einer Bereitschaft in der Dienststelle oder an einem anderen, vom Dienstherrn bestimmten Ort aufhalten müsse, oder ob er sich innerhalb der Privatsphäre bewegen könne. Im letzteren Fall liege lediglich eine Rufbereitschaft vor, die nicht als Arbeitszeit anerkannt werde. An dieser Abgrenzung ist nach Auffassung des VG festzuhalten.

Genügend Möglichkeiten zu Freizeitgestaltung vorhanden

Trotz der nicht unerheblichen Einschränkungen, dass der Kläger wegen der Sachzwänge der Alarmierungsbereitschaft insbesondere seinen Aufenthaltsort nur innerhalb eines bestimmten Radius wählen könne und bestimmte Freizeitaktivitäten ausgeschlossen seien, könnten die Belastungen und Beschränkungen letztlich nicht mit einem erzwungenen Aufenthalt in der Wache gleichgesetzt werden, meint das VG. Auch unter Berücksichtigung der tatsächlichen Einsätze – die in mehr als der Hälfte der Führungsdienste der letzten Jahre die Ruhezeit des Klägers jeweils nur kurz unterbrochen hätten – verblieben dem Kläger immer noch genügend Möglichkeiten, seine Freizeit während des Führungsdienstes zu nutzen. So könne er zum Beispiel Besuch zu Hause empfangen, alle häuslichen Arbeiten erledigen, typische Freizeitaktivitäten ausüben wie Lesen oder Fernsehen. Alle diese Beschäftigungen würden als Dienst anerkannt, wenn der Führungsdienst insgesamt als Arbeitszeit bewertet werde. Das ist nach Überzeugung des Gerichts nicht gerechtfertigt.

VG Neustadt a.d. Weinstraße, Urteil vom 21.06.2017 - 1 K 1117/16

Redaktion beck-aktuell, 5. Juli 2017.

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