Zu "Hostel" umgestaltete Prostitutionsstätte zu Recht geschlossen

Die Stadt Speyer hat gegenüber den Betreibern einer zur "Zimmervermietung“ umgestalteten Prostitutionsstätte zu Recht eine Nutzungsuntersagung ausgesprochen. Denn die Einordnung als Prostitutionsstätte gelte unabhängig davon, ob die Einheit zugleich auch zum Zweck des Wohnens oder Schlafens genutzt werde, sofern die Bereitstellung jedenfalls auch gezielt zur Ausübung der Prostitution erfolge, so das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße.

Wegen Corona: Statt Bordell Zimmervermietung betrieben

Die Antragsteller betreiben seit längerem in Speyer eine Prostitutionsstätte. Nach dem In-Kraft-Treten der 13. Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz, wonach der Betrieb von Bordellen im November 2020 wieder untersagt ist, veränderten die Antragsteller ihr Geschäftsmodell. Nunmehr wurde in acht von zehn vorhandenen Räumen eine private Zimmervermietung betrieben. An der Eingangstür der Liegenschaft fand sich der Hinweis, dass die Prostitutionsstätte geschlossen sei; daneben gab es einen Hinweis auf das Vorhandensein einer privaten Zimmervermietung mit der Bezeichnung "Schweden-Hostel".

Verweis auf fehlende Einflussnahme auf Tätigkeit in angemietetem Zimmer

Besucher der privaten Zimmervermietung wurden laut Antragsteller von der Rezeption gefragt, ob ein Zimmer für touristische Zwecke angemietet werden soll. Nach Verneinung der Frage wurden Gäste gebeten, ihre Adressdaten sowie Handynummer und den Zeitpunkt der Inanspruchnahme eines Zimmers in einem standardisierten Kontaktformular leserlich anzugeben. Im Anschluss wurde den Gästen ein Zimmer zugewiesen. Ob die Mieter der zur Verfügung gestellten Zimmer in den Räumlichkeiten prostitutive Leistungen in Anspruch nahmen, war den Antragstellern nicht bekannt. Dies liege außerhalb des Einflussbereichs des Unternehmens und sei allein Angelegenheit der Zimmermieter, so die Antragsteller.

Stadt untersagt Zimmervermietung

Weiter erklärten die Antragsteller, dass seit dem 02.11.2020 in keinem einzelnen Fall ein Zimmer an Damen zur Ausübung der Prostitution vermietet worden sei. Das Unternehmen stelle den Damen lediglich Ruheräume für ein tägliches Entgelt in Höhe von zehn Euro zur Verfügung. Zahlungen für die übrigen Räumlichkeiten erfolgten ausschließlich durch den jeweiligen Mieter und nicht durch die Damen. Nachdem die Stadt Speyer in dem Anwesen Kontrollen durchgeführt hatte, untersagte sie den Antragstellern mit Bescheiden vom 27.11.2020 den Betrieb des Anwesens für Prostitutionszwecke mit der Begründung, nach Würdigung der Verhältnisse vor Ort werde nach wie vor ein Bordell betrieben. Die Antragsteller legten dagegen Widerspruch ein und wandten sich an das VG mit der Begründung, sie betrieben lediglich eine private Zimmervermietung. Von der tatsächlichen Nutzung der Zimmer hätten sie keine Kenntnis.

VG präzisiert Begriff "Prostitutionsgewerbe"

Das VG hat den Eilantrag der Antragsteller abgelehnt. Es verweist auf die derzeit geltende 13. Corona-Bekämpfungsverordnung von Rheinland-Pfalz. Danach sei der Betrieb von Prostitutionsstätten untersagt. Dabei werde der Begriff "Prostitutionsgewerbe" als Oberbegriff für alle Betriebsarten und Geschäftsmodelle gewerblicher Tätigkeit verstanden, wozu auch das bloße Bereitstellen einer räumlichen Infrastruktur für sexuelle Dienstleistungen zähle. Es komme darauf an, dass der Betreiber die Nutzung des Betriebs maßgeblich steuere und damit einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Prostitution anderer ziehe. Die Einordnung als Prostitutionsstätte gelte unabhängig davon, ob die Einheit zugleich auch zum Zweck des Wohnens oder Schlafens genutzt werde, sofern die Bereitstellung jedenfalls auch gezielt zur Ausübung der Prostitution erfolge. Nicht entscheidend sei, wie das Rechts- beziehungsweise Mietverhältnis zwischen Betreiber und Nutzerin ausgestaltet sei.

Erklärungen zur Zimmervermietung als "abwegig" bewertet

Hiervon ausgehend könnten keine ernsthaften Zweifel daran bestehen, dass die Räume in dem Anwesen der Antragsteller in Speyer, die stundenweise an Dritte vermietet würden, als Betriebsstätte zur Erbringung sexueller Dienstleistungen genutzt würden, so das VG. Daran ändere die formale Schließung des Bordells zugunsten einer angeblichen privaten Zimmervermietung für den nicht touristischen Reiseverkehr nichts; ebenso wenig das vertragliche Konstrukt, welches die Antragsteller gewählt hätten. Deren Behauptung, es sei ihnen nicht bekannt, ob die Mieter der zur Verfügung gestellten Zimmer in den Räumlichkeiten prostitutive Leistungen in Anspruch nähmen, könne nur als abwegig bezeichnet werden.

Öffnungsverbot für Bordelle rechtmäßig

Das in der 13. Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz geregelte Öffnungsverbot für Prostitutionsstätten erweise sich auch nicht als rechtswidrig, so das VG weiter. Das Verbot füge sich – da die Schließung der Freizeitgestaltung zuzuordnende Einrichtungen betreffe, in denen es gerade bei den hier streitgegenständlichen Prostitutionsstätten zwangsläufig zu direkten körperlichen und damit auch potentiell infektiösen Kontakten komme – in das vom Verordnungsgeber in Wahrnehmung seines Beurteilungs- und Prognosespielraums aufgestellte Gesamtkonzept schlüssig ein.

VG Neustadt a.d. Weinstraße, Beschluss vom 10.12.2020 - 5 L 1066/20

Redaktion beck-aktuell, 16. Dezember 2020.