VG Neustadt an der Weinstraße: Landauer Müllabfuhr muss in Außenbereich nicht bis zu Grundstücksgrenze fahren

Die Bewohner, die in Landau außerhalb der geschlossenen Ortslage wohnen, haben keinen Anspruch darauf, dass der Entsorgungs- und Wirtschaftsbetrieb Landau den angefallenen Abfall an der Grundstücksgrenze abholt. Dies geht aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 30.11.2017 hervor (Az.: 4 K 631/17.NW, nicht rechtskräftig).

Abfallbehälter bisher an Grundstücksgrenze abgeholt

Der Kläger bewohnt ein Anwesen in Landau. Die Siedlung besteht aus vier Wohngebäuden, die durch eine circa 200 Meter lange Sackgasse an die Ortslage von Landau angebunden ist. Diese Straße ist als Gemeindestraße dem öffentlichen Verkehr gewidmet, aber nur circa 2,80 Meter breit. In der Vergangenheit befuhren die Müllsammelfahrzeuge des beklagten Entsorgungs- und Wirtschaftsbetriebs Landau diese Straße und entleerten die Abfallbehältnisse des Klägers an dessen Grundstücksgrenze.

Neuerdings Abfallabholung an Sammelpunkten vorgesehen

Aufgrund von Neuregelungen in der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung fasste der Beklagte eine Neuorganisation der Abholung der Abfälle ins Auge und informierte darüber die Betroffenen, darunter auch den Kläger. Danach sollen bei Grundstücken, die wegen schmaler Straßen oder fehlenden Wendemöglichkeiten nicht mehr mit Abfallfahrzeugen angefahren werden, für die Müllabholung Bereitstellungsorte an der nächsten befahrbaren Straße festgelegt werden. Im Fall des Klägers sei die Abholung an einem neuen Sammelpunkt erforderlich, so der Beklagte. Denn die Straße, die zum Grundstück des Klägers führe, erreiche die von der Unfallversicherung geforderte Mindestbreite von 4,75 Metern nicht und besitze auch keine Wendemöglichkeit. Ein Bereitstellungsservice erfolge im Außenbereich nicht.

Kläger nicht einverstanden mit Verbringen seiner Abfallgefäße an Sammelplatz

Mit Bescheid vom 16.12.2016 verpflichtete der Beklagte den Kläger, die seinem Grundstück zugeordneten Abfallgefäße an dem durch den Beklagten festgelegten Bereitstellungsort an der nächsten mit dem Abfallsammelfahrzeug befahrbaren Straße für die Leerung bereitzustellen. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage und machte geltend, das Verbringen der Behälter an den neuen Sammelplatz sei unzumutbar. Die Mehrheit der Bewohner ihrer Siedlung sei zwischen 70 und 80 Jahre alt und die Entfernung zur Sammelstelle betrage etwa 200 Meter. Es bestehe die Pflicht des Beklagten, die Abfälle an seinem Grundstück einzusammeln.

VG Neustadt verweist auf arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen

Das VG Neustadt an der Weinstraße hat die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 16.12.2016 sei rechtlich nicht zu beanstanden. Nach der Abfallsatzung der Beklagten lege der Beklagte Bereitstellungsorte an der nächst befahrbaren Straße fest, wenn Grundstücke mit dem Abfallsammelfahrzeug nicht angefahren werden könnten. Eine solche Regelung sei unbedenklich. Zu den Voraussetzungen, die ein Verbringen der Abfallbehältnisse an einen grundstücksfernen Aufstellort erforderlich machen könnten, gehörten tatsächliche und/oder rechtliche Hindernisse, die einem unmittelbaren Anfahren des Grundstücks entgegenstünden. Dabei folgten rechtliche Hindernisse insbesondere auch aus arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen.

Straße weist erforderliche Mindestbreite nicht auf

Nach den berufsgenossenschaftlichen Vorschriften zur Müllbeseitigung müsse eine Straße eine zum Befahren mit Abfallfahrzeugen erforderliche Mindestbreite von 4,75 Metern aufweisen. Die Straße, die zum Grundstück des Klägers führe, sei jedoch nur 2,80 Meter breit. Ferner sei ein Wenden am Ende dieser Sackgasse ohne Rückwärtsfahren nicht möglich. Nach der Abfallsatzung des Beklagten sei deshalb ein Bereitstellungsort an der nächst befahrbaren Straße festzulegen. Dies habe der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise getan, indem er dem Kläger eine etwa 200 Meter von seinem Grundstück entfernte Straßenkreuzung als Bereitstellungsort vorgegeben habe.

Wegen Außenbereichslage keine Teilnahme an "Bereitstellungsservice"

Der Pflicht des Klägers, seine Abfallbehältnisse zur Leerung zu dem Bereitstellungsort zu bringen, könne dieser auch nicht den geltend gemachten Anspruch auf Teilnahme am sogenannten Bereitstellungsservice entgegenhalten. Zwar sehe die Satzung vor, dass innerhalb des bebauten Gebiets Abfallbehälter und Abfallsäcke im Rahmen der Abfallsammlung an der Grundstücksgrenze abgeholt, zum Bereitstellungsort gebracht und nach der Leerung die Abfallbehälter wieder zurückgestellt würden. Das Grundstück des Klägers werde von diesem Bereitstellungsservice aber nicht erfasst, weil sein Grundstück und der Bereitstellungsort nicht "innerhalb des bebauten Gebiets" im Sinne der Abfallsatzung lägen. Die zu seinem Grundstück führende Straße sei zwar eine dem öffentlichen Verkehr gewidmete Gemeindestraße. Sie führe aber nicht durch "bebautes Gebiet", sondern von der (Splitter-)Siedlung, in der der Kläger wohne, durch den Außenbereich zur Ortslage von Landau.

Differenzierung zwischen bebautem Gebiet und Außenbereich rechtens

Die Differenzierung in der Satzung des Beklagten zwischen dem bebauten Gebiet und dem Außenbereich sei mit höherrangigem Recht, insbesondere dem aus dem Grundgesetz (GG) folgenden Gleichbehandlungsgebot, vereinbar. Es sei nämlich in der Rechtsprechung für den Bereich der Abfallentsorgung anerkannt, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger im planungsrechtlichen Außenbereich wegen der besonderen Erschließungssituation nicht in derselben Weise wie im Innenbereich zur Abholung der Abfälle am Grundstück verpflichtet sei. Diese planungsrechtliche Besonderheit rechtfertige eine erhöhte Mitwirkungspflicht der über den Außenbereich erschlossenen Grundstücke und damit auch die Nichtbeteiligung dieser Grundstücke an dem vom Beklagten innerhalb der Ortslage durchgeführten Bereitstellungsservice. Ein solcher Bereitstellungsservice auch für Grundstücke im Außenbereich wäre nämlich mit einem weitaus größeren Aufwand und höheren Kosten verbunden, da Grundstücke im planungsrechtlichen Außenbereich typischerweise deutlich größere Entfernungen zum Bereitstellungsort an der nächst befahrbaren Straße aufwiesen als Grundstücke innerhalb der bebauten Ortslage.

Zulassung der Berufung möglich

Gegen das Urteil kann laut VG innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragt werden.

VG Neustadt a.d. Weinstraße, Urteil vom 30.11.2017 - 4 K 631/17

Redaktion beck-aktuell, 18. Dezember 2017.

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