Kein Anspruch auf Polizeidienst in bestimmtem Wechselschichtmodell

Der Dienstherr hat bei der Regelung der Arbeitszeit von Beamten einen weiten Gestaltungsspielraum. Dies gilt auch für den planbaren Wechselschichtdienst der Polizei. Deswegen haben Polizeibeamte grundsätzlich keinen Anspruch auf Verwendung in einem bestimmten Arbeitszeitmodell. Dies stellt das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße klar.

Weiterverwendung in Arbeitszeitmodell "Doppelschlag" begehrt

Mehrere Landespolizeibeamte hatten geklagt, um eine Weiterverwendung in dem bis Ende 2018 in ihren jeweiligen Dienststellen im Bereich des Polizeipräsidiums Westpfalz angewandten Arbeitszeitmodell "Doppelschlag" zu erreichen. Bei diesem Modell begann der planbare Wechselschichtdienst in einem Fünf-Tage-Rhythmus regelmäßig mit einem Spätdienst (12.00 Uhr bis 20.00 Uhr), gefolgt von einem Frühdienst am nächsten Tag (6.00 Uhr bis 12.00 Uhr) und einem Nachtdienst ab 20.00 Uhr desselben Tages bis 6.00 Uhr morgens am Folgetag. Dem schlossen sich drei schichtfreie Tage an.

Schichtmodell widersprach EU-Recht

Im Rahmen eines 2015 gestarteten Projekts "Gesünderes Arbeiten in der Polizei" (GAP) zeigte sich unter anderem, dass diese Arbeitszeitgestaltung den Vorgaben der Europäischen Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG betreffend die tägliche Mindestruhezeit nicht entsprach. Die entsprechenden europarechtlichen Vorgaben wurden Ende 2019 in die rheinland-pfälzische Arbeitszeitverordnung übernommen. Von der nach Art. 17 der Europäischen Arbeitszeitrichtlinie möglichen Ausnahmeregelung hat das Land Rheinland-Pfalz hingegen keinen Gebrauch gemacht.

Arbeitszeiten neu festgelegt

Mit einer bereits Ende 2018 erlassenen Verwaltungsvorschrift "Wechselschichtdienst Polizei" regelte das Land die Rahmenvorgaben für die Gestaltung der Arbeitszeit im planbaren Wechselschichtdienst zum 01.01.2019 neu und bestimmte dabei auch, dass die Wechselschichtmodelle in den einzelnen Dienststellen unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten durch Dienstvereinbarungen zwischen der Dienststelle und dem Personalrat festzusetzen sind. Auf dieser Grundlage wurden die Arbeitszeiten für den planbaren Wechselschichtdienst in den Dienststellen der Kläger jeweils in Dienstvereinbarungen – gegen bestehende Einwände der dortigen örtlichen Personalvertretungen, aber schließlich mit Zustimmung der übergeordneten Personalvertretung – neu festgelegt.

Erfolglose Klagen gegen neues Wechselschichtmodell

Vorgesehen ist seitdem eine Schichtabfolge von zwei Mal Frühdienst (6.00 Uhr bis 14.00 Uhr), zwei Mal Spätdienst (14.00 Uhr bis 20.00 Uhr) und zwei Mal Nachtdienst (20.00 Uhr bis 6.00 Uhr), mit einem anschließenden Freiblock von vier Tagen. Die Dienstvereinbarungen sehen außerdem vor, dass im 24-Stunden-Zeitraum eine Ruhezeit von mindestens elf zusammenhängenden Stunden zu gewährleisten ist. Gegen die neuen Arbeitszeiten wandten sich insgesamt sieben Polizeibeamte, im Wesentlichen mit der Begründung, das neue Wechselschichtmodell nehme nicht genug Rücksicht auf ihre gesundheitlichen und persönlichen Belange und verletze damit die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Ihre Klagen hatten keinen Erfolg.

Kein Anspruch auf Verwendung in bestimmtem Arbeitszeitmodell

Das VG verweist darauf, dass die Regelung der Arbeitszeit der Beamten, auch im planbaren Wechselschichtdienst der Polizei, einem weiten Gestaltungsspielraum des Dienstherrn unterliegt. Die Polizeibeamten hätten deshalb grundsätzlich keinen Anspruch auf Verwendung in einem bestimmten Arbeitszeitmodell, beispielsweise in dem früher angewandten "Doppelschlag"-Modell. Dieses Modell widerspreche zudem europarechtlichen Vorgaben. Das neue Wechselschichtmodell sei durch noch geltende Dienstvereinbarungen festgelegt, die rechtswirksam zustande gekommen und bisher nicht gekündigt seien, so das Gericht weiter. Sie bildeten die verbindliche Rechtsgrundlage für die Anwendung des neuen Arbeitszeitmodells, das als solches keinen rechtlichen Bedenken unterliege.

Unterschiedliche Handhabung erlaubt

Insbesondere ist es laut VG nicht zu beanstanden, dass das Land Rheinland-Pfalz im Unterschied etwa zum Freistaat Bayern keine nach Art. 17 der Europäischen Arbeitszeitrichtlinie möglichen Abweichungen von der Mindestruhezeit in der Arbeitszeitverordnung vorsieht. Damit sei vielmehr eine rechtspolitische Entscheidung im Rahmen des föderalistischen Systems der Bundesrepublik Deutschland getroffen worden.

Neue Schichtzeiten beeinträchtigen Gesundheit nicht

Es sei auch nicht ernsthaft davon auszugehen, dass die neuen Schichtzeiten die Gesundheit, das Familienleben oder die sozialen/kulturellen Belange der Beamten in relevanter Weise beeinträchtigten und damit die Fürsorgepflicht des Dienstherrn verletzten. Dazu sei klägerseits kein ausreichender Vortrag im Einzelfall erfolgt. Das VG wies zudem darauf hin, dass in einer von den Dienstvereinbarungen vorgesehenen Evaluation für die Beteiligten die Möglichkeit bestehe, bislang gesammelte Erfahrungen mit dem neuen Wechselschichtmodell zu dokumentieren, zu diskutieren und auszuwerten.

VG Neustadt an der Weinstraße, Urteil vom 25.11.2020 - 1 K 156/20

Redaktion beck-aktuell, 5. Januar 2021.

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