VG Neustadt an der Weinstraße: Gemeindewaldverpachtung entbindet nicht von anteiliger Kostenpflicht für staatlichen Revierdienst

Die Gemeinde Großsteinhausen muss dem Land Rheinland-Pfalz bis zum Zeitpunkt der Gründung eines eigenen kommunalen Reviers am 01.10.2016 anteilige Personalkosten für den staatlichen Revierdienst (Betriebskostenbeitrag) in ihrem Gemeindewald erstatten. Dies hat das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße mit Urteil vom 19.12.2017 entschieden. Die Verpachtung des Waldes habe die Zugehörigkeit zum staatlichen Forstrevier unberührt gelassen (Az.: 5 K 322/17.NW).

Gemeindewald wurde staatlich beförstert

Die beklagte Gemeinde Großsteinhausen ist eine der Verbandsgemeinde Zweibrücken-Land angehörende Ortsgemeinde im Landkreis Südwestpfalz in Rheinland-Pfalz. Etwa ein Viertel der Fläche der Beklagten besteht aus Wald. Nach den Regelungen des Landeswaldgesetzes können Kommunen unter bestimmten Voraussetzungen entscheiden, ob sie die Revierleitung durch staatliche oder durch eigene Bedienstete durchführen lassen. Beim Revierdienst durch staatliche Bedienstete erstatten die Kommunen dem Land für die Durchführung der forstbetrieblichen Aufgaben anteilige Personalausgaben. Der Gemeindewald der Beklagten gehörte bis zum 30.09.2016 dem staatlich beförsterten Revier "Hackmesserseite" an. Zuständiges Forstamt für das Forstrevier "Hackmesserseite" ist das Forstamt Westrich. 

Verwertungsübertragung auf das Land gekündigt 

Mit Vertrag vom 14.11.2011 übertrug die Beklagte dem klagenden Land Rheinland-Pfalz die Verwertung der Walderzeugnisse aus ihrem Gemeindewald. Diesen Vertrag kündigte die Beklagte gegenüber dem Kläger im März 2014 mit Wirkung vom 30.09.2014. Das Forstamt Westrich bestätigte mit Schreiben vom 05.05.2014 gegenüber der Beklagten die Kündigung des Vertrages vom 14.11.2011 und wies unter anderem darauf hin, dass sich damit nichts an der Verpflichtung zur Durchführung des Revierdienstes und der Pflicht zur Erstattung der Personalausgaben bei staatlichem Revierdienst ändere. 

Waldflächen an private Firma verpachtet

In der Folgezeit verpachtete die Beklagte sämtliche in ihrem Eigentum befindlichen Waldflächen an eine private Firma mit Wirkung ab dem 01.10.2014. Hierrüber unterrichtete die Beklagte das zuständige Forstamt Westrich und teilte mit, dass mit der Waldverpachtung zukünftig alle forstbetrieblichen Aufgaben vollumfänglich vom Pächter des Gemeindewaldes erfüllt würden und die Kosten somit nicht mehr vom Forstamt Westrich in Rechnung gestellt werden könnten. 

Gemeinde gründete eigenes kommunales Revier

In der Sitzung des Gemeinderates der Beklagten vom 18.02.2016 beschloss dieser, ein eigenes Forstrevier zu bilden. In Umsetzung dieses Beschlusses gründete die Beklagte zum 01.10.2016 ein kommunales Revier und übertrug die verantwortliche Revierleitung einem eigenen Bediensteten.  

Land forderte für Zeitraum der Verpachtung Betriebskostenbeitrag

Der Kläger stellte der Beklagten im Juli 2015 und im August 2016 für die staatliche Beförsterung in ihrem Gemeindewald für die Kalenderjahre 2014 bis 2016 Kosten in Rechnung und bat um Zahlung bis zum 01.09.2016. Da die Beklagte die Begleichung unter Hinweis darauf, dass in ihrem Gemeindewald alle forstbetrieblichen Aufgaben vom Pächter übernommen würden und deshalb kein Anspruch des Landes mehr auf Zahlung bestehe, verweigerte, erhob der Kläger im März 2017 Zahlungsklage. Im Laufe des Verfahrens erweiterte der Kläger die Klage um den Abrechnungszeitraum Januar bis September 2016 und begehrte zuletzt die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 5.495,10 Euro nebst Zinsen. 

VG: Gemeindewald bis Ende September 2016 staatlich beförstert

Das VG hat der Klage stattgegeben. Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers seien näher bezeichnete Vorschriften des Landeswaldgesetzes (LWaldG) und der Landesverordnung zur Durchführung des Landeswaldgesetzes (LWaldGDVO). Danach hätten die Körperschaften beim Revierdienst durch staatliche Bedienstete dem klagenden Land für die Durchführung der forstbetrieblichen Aufgaben die anteiligen Personalausgaben zu erstatten. Die Voraussetzungen für eine Kostenbeteiligung der Beklagten seien gegeben. Die Beklagte habe bis Ende September 2016 dem Forstrevier "Hackmesserseite" angehört. Sie habe sich in der Vergangenheit mit der Wahl der staatlichen Revierleitung der Organisationshoheit des Landes unterworfen und sei damit verpflichtet gewesen, dessen personalwirtschaftliche Dispositionen im Bereich der Forstverwaltung hinzunehmen.

Zugehörigkeit zum staatlichen Forstrevier erst durch Gründung eigenen kommunalen Reviers beendet

Weder die Kündigung des Vertrags vom 14.11.2011 über die Übertragung der Verwertung der Walderzeugnisse auf das Land noch die Verpachtung des Gemeindewaldes zum 01.10.2014 an eine private Firma hätten sich auf die Zugehörigkeit der Beklagten zum Forstrevier "Hackmesserseite" ausgewirkt, so das VG weiter. Einer einem Forstrevier angehörende Kommune sei es zwar unbenommen, aus dem Forstrevier auszuscheiden und ein eigenes Forstrevier zu bilden, wie es die Beklagte in der Sitzung ihres Gemeinderates am 18.02.2016 beschlossen habe. Mit diesem Ratsbeschluss sei jedoch nicht automatisch ein eigenes Revier gebildet worden. Vielmehr habe die Beklagte das in der LWaldGDVO vorgesehene Verfahren einhalten müssen. Danach sei das eigene Revier jedoch erst zum 01.10.2016 gegründet worden.  

Staatliche Revierleiteraufgaben auch nach Verpachtung wahrgenommen

Auch den Einwand der Beklagten, sie habe in dem streitgegenständlichen Zeitraum bis September 2016 keine Leistungen des Klägers in Anspruch genommen, da die forstbetrieblichen Arbeiten in ihrem Gemeindewald sämtlich vom Pächter durchgeführt worden seien, weist das VG zurück. Zwar sei der Bereich Holzverkauf im Zuständigkeitsbereich der Beklagten mit Wirkung vom 01.10.2014 nicht mehr vom Land, sondern von einem privaten Neupächter vorgenommen worden. Jedoch seien die übrigen Revierleiteraufgaben wie Jahresplanung, Pflegemaßnahmen, Wegeunterhaltung und Naturschutz in dem betreffenden Zeitraum nach wie vor von dem staatlichen Revierleiter übernommen worden. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Höhe der vom Kläger geltend gemachten Forderung.

VG Neustadt a.d. Weinstraße, Urteil vom 19.12.2017 - 5 K 322/17

Redaktion beck-aktuell, 10. Januar 2018.

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