Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat sich in einem Einstellungsbeschluss vom 18.11.2020 zu den Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anspruchs eines Schülers auf Befreiung vom Präsenzunterricht aufgrund der Zugehörigkeit eines Elternteils zu einer Risikogruppe geäußert. Danach reicht die Vorlage eines ärztlichen Attestes, aus dem die Zugehörigkeit zur Risikogruppe hervorgeht, auch ohne konkrete Diagnose zur Glaubhaftmachung aus.
Auch Inzidenzwert wichtig
Genau dies fordere der Erlass des Niedersächsischen Kultusministeriums "Befreiung vom Präsenzunterricht für Schüler/Schülerinnen, die mit Angehörigen in häuslicher Gemeinschaft zusammenleben, bei denen gemäß Definition des Robert-Koch-Instituts das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs besteht“ vom 28.10.2020, heißt es im Beschluss. Der Erlass knüpfe außerdem (unter anderem) an eine Sieben-Tages-Inzidenz von 35 oder mehr am Standort der Schule oder am Wohnort des Schülers oder der Schülerin sowie die fehlende Möglichkeit der innerhäuslichen Isolation an.
Gericht sieht Gesetzgeber gefordert
Entgegen der Ansicht der Landesschulbehörde und auch einer anderen Kammer des Gerichts sei dagegen die Nennung einer konkreten Diagnose nicht erforderlich, so die erkennende Kammer. Sie hat offengelassen, ob sie die genannten (untergesetzlichen) Grundlagen für die Entscheidung der Schule über die Befreiung vom Präsenzunterricht angesichts der im Niedersächsischen Schulgesetz verankerten Schulpflicht für ausreichend erachtet, aber angedeutet, dass die Befreiung derzeit im Niedersächsischen Schulgesetz selbst keine Grundlage finden dürfte und es Aufgabe des Gesetzgebers sei, hier für Klarheit zu sorgen. Das ursprünglich anhängige Eilverfahren konnte eingestellt werden, weil die im Emsland liegende Schule dem Antrag der Eltern letztlich nachgekommen war.
VG Osnabrück, Beschluss vom 18.11.2020 - 1 B 36/20
Redaktion beck-aktuell, 24. November 2020.
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