Stadt kann Privat-Kita nicht zur Aufnahme eines Kindes zwingen

Das Jugendamt kann eine private Kindertagesstätte nicht dazu verpflichten, ein bestimmtes Kind aufzunehmen. Dies hat das Verwaltungsgericht Münster am Donnerstag klargestellt. Der Kita-Träger gestalte sein Rechtsverhältnis zum Bürger autonom und agiere dabei ausschließlich im Bereich des bürgerlichen Rechts, heißt es in der Begründung des Gerichts. Der Eilantrag der Eltern eines unter dreijährigen Kindes bleibt damit erfolglos.

Eltern nahmen angebotenen Platz nicht an

Die Familie hatte den Betreuungsbedarf zum 01.08.2023 über den Kita-Navigator der Antragsgegnerin angemeldet. Das Kind war jedoch nicht berücksichtigt worden. Nachdem das Gericht einem entsprechenden Eilantrag stattgegeben hatte, hatte die Stadt Münster für das Kind einen etwa drei Kilometer von der Wohnung entfernten Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte angeboten. Diesen Platz nahmen die Eltern jedoch nicht in Anspruch, sondern beantragten erneut eine einstweilige Anordnung unter anderem mit der Begründung, sie hätten zwischenzeitlich einen für sie günstigeren Betreuungsplatz in einer von einem privaten Träger betriebenen Kita gefunden. Die Stadt Münster sei verpflichtet, auf den Träger daraufhin einzuwirken, dass ihr Kind in dieser Kindertagesstätte betreut werde.

Einrichtungen dürfen Rechtsverhältnis zum Bürger frei gestalten

Diesen Antrag lehnte das Münsteraner Gericht jetzt ab. Die Antragsgegnerin habe als Trägerin der öffentlichen Jugendhilfe keine rechtliche Handhabe, den privaten Träger einer Kindertageseinrichtung zur Aufnahme eines bestimmten Kindes zu verpflichten, falls dieser nicht freiwillig hierzu bereit sei. Ebenso wenig vermöge sie die Aufnahme eines bestimmten Kindes zu untersagen. Das gelte insbesondere gegenüber freien und privaten Trägern eines Betreuungsangebots. Diese gestalteten ihr Rechtsverhältnis zum Bürger autonom und agierten dabei ausschließlich im Bereich des bürgerlichen Rechts.

Andere Bewertung nur bei ausdrücklicher vertraglicher Vereinbarung

Eine Rechtsmacht des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe sei nur denkbar, wenn eine entsprechende vertragliche Vereinbarung zwischen ihm und den Trägern von Kindertageseinrichtungen bestehe oder wenn der Träger der öffentlichen Jugendhilfe selbst Kitas betreibe. Eine solche vertragliche Vereinbarung bestehe ausweislich der Einlassungen der Antragsgegnerin hier nur für die Belegung in bestimmten Notfällen. Darüber hinaus seien Möglichkeiten der Einwirkung auf den Träger der Kindertageseinrichtung nicht ersichtlich. Der Antragsteller hebe die Privatautonomie des freien Trägers und dessen Entscheidungsfreiheit bei der Belegung seiner Kita selbst hervor.

Wunsch- und Wahlrecht der Eltern verpflichtet Jugendamt nicht zum Handeln

Auch das den Eltern zustehende Recht, für die Betreuung ihrer Kinder zwischen den zur Verfügung stehenden Tagesbetreuungsangeboten zu wählen, verpflichte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht zu einer dahingehenden Einwirkung auf freie Einrichtungsträger, dass diese unter Außerachtlassung der ihnen eingeräumten Entscheidungsfreiheit und der von ihnen selbst aufgestellten Auswahlkriterien vom Jugendhilfeträger vorgeschlagene Kinder in ihre Einrichtung aufnehmen müssten. Aus dem Wunsch- und Wahlrecht könnten die Eltern des Antragstellers auch kein Recht auf eine Einwirkung auf freie Träger zur Erhöhung ihrer Kapazitäten herleiten. Dem stehe hier schon entgegen, dass die Antragsgegnerin den Eltern bereits einen geeigneten und zumutbaren Betreuungsplatz in einer anderen Kindertagesstätte nachgewiesen habe, heißt es abschließend in dem Beschluss des VG.

VG Münster, Beschluss vom 06.07.2023 - 6 L 558/23

Redaktion beck-aktuell, Esther Wiemann, 10. Juli 2023.