Münster muss erneut über E-Scooter-Verbot entscheiden

Der Streit um ein mögliches E-Scooter-Verbot in Münster geht weiter. Das Verwaltungsgericht Münster hat am Mittwoch der Stadt im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, über den Antrag des Blinden- und Sehbehindertenvereins Westfalen, den Geschäftsbetrieb mit E-Tretrollern im "free-floating-System" im Stadtgebiet zu untersagen und entsprechende Beseitigungsverfügungen zu erlassen, neu zu entscheiden.

Massiv beeinträchtigte Mobilität für Sehbehinderte

Der Antragsteller hatte zur Begründung des Antrags unter anderem angeführt, dass seine Mitglieder auf Grund ihrer Behinderung in ihrer Mobilität massiv beeinträchtigt seien, indem ihnen als Folge der stationslosen E-Scooter-Verleihsysteme in Münster Hindernisse und Barrieren unvermutet und an ständig wechselnden Orten auf Gehwegen in einer unkontrollierten Vielzahl in den Weg gestellt würden.

Ermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt

Das Gericht gab dem Eilantrag teilweise statt. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf die mit dem Hauptantrag erstrebte Untersagung des Geschäftsbetriebs mit E-Tretrollern im "free-floating-system" glaubhaft gemacht. Der Erlass von Beseitigungsverfügungen nach dem Straßen- und Wegegesetz Nordrhein-Westfalen stehe im Ermessen der zuständigen Behörde. Es sei nicht ersichtlich, dass die vom Antragsteller begehrte vollständige Untersagung des "free-floating-Systems" die einzig ermessensfehlerfreie Entscheidung wäre. Dagegen habe der Antrag auf (Neu-) Bescheidung Erfolg, weil die Antragsgegnerin ihr Ermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt habe.

Verweis auf Selbstverpflichtungserklärungen nicht ausreichend

Angesichts des Umstands, dass allein das Fehlen der für die Nutzung der öffentlichen Verkehrsfläche erforderlichen Sondernutzungserlaubnis zum Erlass von Beseitigungsverfügungen berechtige, sei der pauschale Verweis auf die freiwilligen Selbstverpflichtungserklärungen der Betreiber nicht ausreichend. Denn es fänden sich in der Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin keinerlei Erwägungen zur Belastbarkeit beziehungsweise Tragfähigkeit der Selbstverpflichtungserklärungen. Bei einem der drei Betreiber in Münster sähen diese noch nicht einmal konkrete Regelungen oder Absprachen im Fall von behindernd abgestellten E-Scootern vor. Die Antragsgegnerin sei selber der Auffassung, dass es immer wieder zu Verkehrsbehinderungen und Gefahrenquellen bis hin zu Unfällen mit Sach- oder Personenschäden komme.

Abwarten auf Hauptsacheentscheidung nicht zumutbar

Vor diesem Hintergrund fehle es in der Ermessensausübung an Ausführungen zur effektiven Kontrolle der Selbstverpflichtungserklärungen durch die Antragsgegnerin. Der Verweis auf eine absehbare Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zum 01.04.2022 sei nicht tragfähig, weil derzeit noch nicht einmal solche Anträge der Betreiber vorlägen. Ein Abwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache sei dem Antragsteller mit Blick auf das hochrangige Rechtsgut des Gesundheitsschutzes nicht zumutbar.

VG Münster, Beschluss vom 09.02.2022 - 8 L 785/21

Redaktion beck-aktuell, 11. Februar 2022.