Rathaus zum AfD-Neujahrsempfang unbeleuchtet
Am 10.02.2017 veranstaltete der Kreisverband Münster der AfD ab 19.00 Uhr seinen Neujahrsempfang im Rathausfestsaal der Stadt Münster. Für diesen Tag hatte unter anderem das Bündnis "Keinen Meter den Nazis" eine Versammlung auf dem Prinzipalmarkt vor dem Rathaus in Münster mit zahlreichen Redebeiträgen sowie einem breiten künstlerischen und musikalischen Rahmenprogramm angemeldet, um "ein starkes Zeichen gegen Rassismus und soziale Ausgrenzung und für eine vielfältige, bunte Gesellschaft zu setzen". Ab 17.30 Uhr hatten sich vor dem Rathaus zahlreiche Teilnehmer versammelt, um gegen die AfD und den Neujahrsempfang zu demonstrieren. Ankündigungsgemäß hatten die am Prinzipalmarkt ansässigen Kaufleute ihre Geschäfte vorzeitig geschlossen und deren Außenbeleuchtung abgeschaltet. Zugleich wurde ab 18.00 Uhr auch am Rathaus der Stadt Münster die Außenbeleuchtung aus- beziehungsweise nicht eingeschaltet.
AfD-Kreisverband klagt gegen abweichende Beleuchtung des Rathauses
Im Mai 2017 erhob der Kreisverband Münster der AfD Klage und machte geltend, die Licht-Manipulation am Rathaus während seines Neujahrsempfangs habe gegen das Sachlichkeitsgebot, das Neutralitätsgebot sowie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Die beklagte Stadt hielt dem unter anderem entgegen, das Aus- beziehungsweise Nichteinschalten der Außenbeleuchtung des Rathauses sei nicht gegen den Kläger gerichtet gewesen, sondern habe als positives Symbol dem Ziel gedient, ein einheitliches Gesamtbild am Prinzipalmarkt entsprechend dem 2005 vom Rat beschlossenen "Lichtkonzept Münster" herzustellen.
Oberbürgermeister/Beigeordneter überschritten ihre Befugnisse
Das VG Münster gab der Klage statt. Das Ausschalten beziehungsweise Nichteinschalten der Außenbeleuchtung des Rathauses abweichend von der üblichen Beleuchtung verstoße gegen das gegenüber politischen Parteien strikt geltende staatliche Neutralitätsgebot und das Sachlichkeitsgebot. Es könne offen bleiben, ob die Entscheidung des Ausschaltens beziehungsweise Nichteinschaltens der Außenbeleuchtung des Rathauses – wie es der Kläger vermute – letztlich durch den Oberbürgermeister der Beklagten oder – wie es die Beklagte behaupte – durch den Beigeordneten für das Dezernat I getroffen worden sei. Denn auch wenn man davon ausgehe, dass sich der Oberbürgermeister oder der Beigeordnete für das Dezernat I der Beklagten im Rahmen ihrer – Äußerungen zur örtlichen Gemeinschaft umfassenden – Aufgabenzuweisung gehalten hätten, hätten sie mit der getroffenen Maßnahme jedenfalls die rechtlichen Grenzen ihrer Befugnis überschritten.
VG bejaht parteiergreifenden Eingriff und daher Verstoß gegen Neutralitätspflicht
Der Oberbürgermeister oder der Beigeordnete habe gegen seine Neutralitätspflicht verstoßen, weil er mit der Anordnung des Ausschaltens beziehungsweise Nichteinschaltens der Rathausbeleuchtung unter Inanspruchnahme seiner Amtsautorität parteiergreifend zulasten des Klägers auf die politische Willensbildung eingewirkt habe. Die irreguläre Veränderung der Beleuchtung stelle einen unzulässigen, da parteiergreifenden Eingriff in die politische Willensbildung des Volkes dar, weil mit ihr eine negative Bewertung der Veranstaltung des Klägers beziehungsweise der AfD und der von ihr verfolgten Ziele zum Ausdruck gebracht werde, die geeignet sei, die Position des Klägers beziehungsweise der AfD im politischen Meinungskampf zu beeinträchtigen.
Verstoß gegen Sachlichkeitsgebot wegen negativer Symbolik öffentlichen Lichtlöschens
Das irreguläre Ausschalten beziehungsweise Nichteinschalten der Außenbeleuchtung des Rathauses verstoße auch gegen das Sachlichkeitsgebot. Die mit der Maßnahme verbundene negative Symbolik des öffentlichen Lichtlöschens bringe in drastischer Weise die Missbilligung der mit der Versammlung des Klägers beziehungsweise allgemein der von ihm und seiner Bundespartei verfolgten politischen Ziele zum Ausdruck. Sie verlasse die Ebene eines rationalen und sachlichen Diskurses, ohne für eine weitere diskursive Auseinandersetzung mit den politischen Zielen der von dem Kläger durchgeführten Versammlung beziehungsweise der von ihm betriebenen Politik offen zu sein.
Antrag auf Zulassung der Berufung möglich
Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen beantragt werden.