Quarantäne für Altenheimbewohnerin ermessensfehlerhaft

Das Verwaltungsgericht Münster hat dem Eilantrag einer bereits geimpften Bewohnerin eines Altenpflegeheims gegen eine individuelle Quarantäneverfügung stattgegeben. Da die Absonderung für Bewohner von Pflegeeinrichtungen besonders belastend sei, müssten im Einzelfall Ermessenserwägungen getroffen werden, ob nicht eine Ausnahme oder Erleichterungen in Betracht kommen könnten, so das Gericht.

Gegenüber geimpfter Altenheimbewohnerin Quarantäne angeordnet

Die Antragstellerin lebt in einem Altenpflegeheim. Nachdem ein Kontakt der Antragstellerin zu einer infizierten Person festgestellt worden war, ordnete die Gemeinde die Absonderung der Antragstellerin vom 08. bis zum 26. April 2021 an. In dieser Zeit war es ihr untersagt, ihre Wohnung ohne ausdrückliche Zustimmung des Gesundheitsamtes zu verlassen und Besuch von Personen zu empfangen, die nicht ihrem Haushalt angehörten. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin an das Gericht mit der Begründung, sie sei bereits vollständig geimpft worden. Auch sei ein aktueller PCR-Test negativ ausgefallen. Aus gesundheitlichen Gründen sei sie dringend auf Bewegung angewiesen. Ihre vollständige Isolierung in ihrer kleinen Wohnung im Pflegeheim für die Dauer von 21 Tagen sei daher unverhältnismäßig.

VG gibt Eilantrag statt – Quarantäneverfügung ist ermessensfehlerhaft

Das Verwaltungsgericht hat dem Eilantrag stattgegeben. Die Ordnungsverfügung sei rechtswidrig. Zwar sei die Absonderungsmaßnahme in der Sache nicht zu beanstanden, da grundsätzlich trotz Impfung noch ein Infektionsrisiko bestehe und ein negatives PCR-Testergebnis allein einer Absonderung nicht entgegenstehe. Die Quarantäneverfügung sei jedoch ermessensfehlerhaft. Die Antragsgegnerin hätte berücksichtigen müssen, dass die Absonderung von Bewohnern in Pflegeeinrichtungen im Vergleich zu Personen, die sich im eigenen häuslichen Umfeld absondern müssten, mit besonderen Belastungen verbunden sei. Dies gelte insbesondere, weil die Antragstellerin unwidersprochen angegeben habe, aus gesundheitlichen Gründen dringend auf Bewegung angewiesen zu sein.

Antragsgegnerin musste Ausnahme erwägen

Gleichwohl habe die Antragsgegnerin nicht einmal erwogen, der Antragstellerin Ausnahmen von der grundsätzlichen Absonderungspflicht zu ermöglichen. Dies hätte aber mit Blick auf die ohne Weiteres mögliche Ausstattung der Antragstellerin mit FFP2-Masken oder weitergehender Schutzkleidung – ebenso wie dies bezogen auf das Pflegepersonal gehandhabt werde – sowie durch die gleichermaßen mögliche Verhinderung des Zusammentreffens mit anderen Bewohnern für das zeitweise Verlassen ihres Zimmers zum Zwecke der körperlichen Betätigung nahegelegen.

VG Münster, Beschluss vom 19.04.2021 - 5 L 255/21

Redaktion beck-aktuell, 20. April 2021.