VG Münster: Jugendamt darf über Verurteilung wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften informieren

Das Jugendamt darf Daten über eine strafrechtliche Verurteilung wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften an Dritte (hier: eine alleinerziehende Mutter) weitergeben, wenn Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung durch den Verurteilten bestehen. Dies hat das Verwaltungsgericht Münster entschieden und mit Beschluss vom 05.04.2019 den gegen eine entsprechende Datenweitergabe des Jugendamtes gerichteten Eilantrag eines Mannes abgelehnt (Az.: 6 L 211/19, nicht rechtskräftig).

Jugendamt will alleinerziehende Mutter über Verurteilung informieren

Der Antragsteller war 2011 wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften zu einer – zur Bewährung ausgesetzten – Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt worden. Nachdem er gegenüber dem Jugendamt bestätigt hatte, dass er eine aus Syrien stammende allein erziehende Mutter und ihre vier Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren unterstütze, ihnen bei Behördengängen Hilfestellungen biete und die Kinder etwa auch zu Sportterminen bringe, teilte das Jugendamt dem Antragsteller die Absicht mit, die Kindesmutter über die Verurteilung des Antragstellers zu informieren.

Allgemeines Persönlichkeitsrecht muss zum Wohl der Kinder hintanstehen

Den hiergegen gerichteten Eilantrag lehnte das VG Münster ab. Die vom Jugendamt beabsichtigte Mitteilung über die Verurteilung des Antragstellers wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften greife zwar in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers ein. Dieser Eingriff werde sich aber nicht als rechtswidrig erweisen. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gefahren für ihr Wohl gehöre zum Kompetenzbereich des zuständigen Jugendamts. Dementsprechend beabsichtige das Jugendamt hier, im Rahmen seines ihm nach dem Grundgesetz obliegenden staatlichen Wächteramtes tätig zu werden, das verlange, dass der Staat Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schütze. Danach seien Warnhinweise durch das Jugendamt an Erziehungsberechtigte minderjähriger Kinder grundsätzlich zulässig, wenn gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung durch Dritte vorliegen.

Anhaltspunkte für Kindeswohlgefährdung lagen vor

Derartige Anhaltspunkte seien dem Jugendamt hier bekannt geworden, so das Gericht. Die persönlichen Umgangskontakte des Antragstellers zu den vier minderjährigen Kindern im Zusammenhang mit der strafrechtlichen Verurteilung des Antragstellers wegen der Verbreitung kinderpornographischer Schriften seien ausreichend gewichtige Anhaltspunkte für die Annahme einer Gefährdung des Wohls der Kinder. Denn es lasse sich nicht von vorneherein ausschließen, dass die ärztlich diagnostizierte Pädophilie des Antragstellers zu Beeinträchtigungen bei den Kindern führen könnte. Die beabsichtigte Mitteilung der strafrechtlichen Verurteilung des Antragstellers sei auch nicht als unsachlich anzusehen, da sie den Tatsachen entspreche. Sie sei auch nicht unverhältnismäßig. Das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit habe ein größeres Gewicht als das Recht des Antragstellers auf eigene Außendarstellung und auf Schutz der eigenen Daten.

Beschluss noch anfechtbar

Gegen den Beschluss kann Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster eingelegt werden.

VG Münster, Beschluss vom 05.04.2019 - 6 L 211/19

Redaktion beck-aktuell, 8. April 2019.

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