VG Münster: "Falsche Syrer" durften nach Russland abgeschoben werden

Die auf die asylrechtliche Feststellung von Abschiebungsverboten beziehungsweise die aufenthaltsrechtliche Gewährung von Abschiebungsschutz gerichteten Eilanträge einer in Rhede lebenden Familie mit russischer Staatsangehörigkeit, der 2016 aufgrund ihrer Behauptung, aus Syrien zu stammen, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden war, bleiben erfolglos. Dies hat das Verwaltungsgericht Münster mit Beschlüssen vom 06.01.2020 und 23.01.2020 entschieden (Az.: 2 L 1222/19.A und 8 L 1221/19). Die gegen den aufenthaltsrechtlichen Beschluss eingelegte Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster blieb ebenfalls erfolglos (Az.: 17 B 105/20).

Zuständige Ausländerbehörde zweifelte an Herkunft

Die Antragsteller waren im September 2014 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und hatten mit der Behauptung Asylanträge gestellt, sie seien syrische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit und jesidischer Religion. Mit Bescheid vom 02.03.2015 hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ihnen daraufhin die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Im November 2015 hatte die zuständige Ausländerbehörde dem BAMF mitgeteilt, es handele sich offensichtlich um ukrainische Staatsangehörige, die kein Wort Arabisch sprächen und die ganz offen gegenüber anderen Asylbewerbern geäußert hätten, wie einfach es sei, die deutschen Behörden zu täuschen. Daraufhin hatte das BAMF mit Bescheid vom 13.04.2016 die den Antragstellern zuerkannte Flüchtlingseigenschaft zurückgenommen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte das VG mit Urteil vom 05.04.2018 abgewiesen (Az.: 8 K 1648/16.A).

Familie wendet sich gegen Abschiebung

Nachdem die Antragsteller im November 2019 der Ausländerbehörde des Kreises Borken durch Vorlage entsprechender Dokumente offenbart hatten, Staatsangehörige der Russischen Föderation zu sein, stellte das BAMF unter dem 02.12.2019 fest, dass Abschiebungsverbote hinsichtlich der Russischen Föderation nicht vorlägen. Mit Bescheid vom 03.12.2019 forderte der Kreis Borken die Antragsteller auf, das Bundesgebiet zu verlassen, und drohte ihnen die Abschiebung in die Russische Föderation an. Gegen diese Bescheide wandten sich die Antragsteller nunmehr unter anderem mit der Begründung, beim Familienvater sei eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung mit Suizidneigung festgestellt worden. Bei den Kindern lägen die Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen vor. Sie hätten selbst keine falschen Angaben gemacht. Die von ihren Eltern vorgenommene Täuschung sei ihnen als Minderjährige nicht zuzurechnen.

Eilanträge erfolglos

Die Eilanträge lehnte das VG ab. In den Gründen des asylrechtlichen Beschlusses heißt es unter anderem, die Antragsteller hätten die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nicht glaubhaft gemacht. Das vorgelegte ärztliche Attest genüge bereits nicht den von der Rechtsprechung geforderten Mindeststandards zur Substantiierung einer psychischen Erkrankung. Darüber hinaus seien die diagnostizierten psychischen Erkrankungen in der Russischen Föderation behandelbar. Zur Begründung des aufenthaltsrechtlichen Beschlusses führte das Gericht unter anderem an, eine Reiseunfähigkeit sei selbst dann nicht glaubhaft gemacht, wenn beim Antragsteller zu 1. tatsächlich eine akute Suizidgefahr bestehen sollte. Denn der Antragsgegner habe mitgeteilt, er werde eine ärztliche und polizeiliche Begleitung der Abschiebungsmaßnahme bis zur Übergabe am Zielflughafen, eine Inempfangnahme durch medizinisches Personal am Zielflughafen und gegebenenfalls die Mitgabe eines Medikamentendepots organisieren. Der Abschiebung stehe auch kein Anspruch der Kinder der Antragsteller zu 1. und 2. auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen. Die erforderliche positive Integrationsprognose könne nicht festgestellt werden.

VG Münster - 2 L 1222/19.A

Redaktion beck-aktuell, 29. Januar 2020.

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