VG Münster erkennt Familienmitglied des syrischen Machthabers Assad als Flüchtling an

Das Verwaltungsgericht Münster hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verpflichtet, der Witwe eines Cousins des syrischen Machthabers Baschar Al-Assad die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Zu Begründung verwies das Gericht unter anderem darauf, dass der Ehemann der Frau ermordet und sie selbst auch unter noch ungeklärten Umständen angeschossen wurde. Dies und die Tatsache, dass sie bei einer Rückkehr nach Syrien als aus Deutschland zurückkehrende Asylbewerberin wie alle syrischen Asylbewerber mit politischer Verfolgung durch das Assad-Regime rechnen müsste und als Witwe eines Cousins des Machthabers besonders gefährdet wäre, reichten für eine Anerkennung als Flüchtling aus (Urteil vom 05.12.2017, Az.: 8a K 925/17.A – nicht rechtskräftig).

Klägerin reiste über Libanon nach Deutschland ein

Die Klägerin, die die syrische und die libanesische Staatsangehörigkeit besitzt, war seit 1993 mit einem Cousin Assads verheiratet. Ihr Ehemann war eine führende Person in der syrischen Armee. Er wurde 2014 unter nicht geklärten Umständen getötet. Ein Sohn der Klägerin wurde im Januar 2016 in Syrien wegen Mordes zu 20 Jahren Haft verurteilt, nachdem er nach einem Streit im Straßenverkehr einen Luftwaffenoberst erschossen hatte. Im September 2015 wurde die Klägerin in ihrem Wohnhaus in Syrien angeschossen. Nach eigenen Angaben verließ sie Syrien im Oktober 2015 und reiste im Juli 2016 nach einem Aufenthalt im Libanon in die Bundesrepublik Deutschland ein.

BAMF lehnte Asylantrag ab

Am 02.09.2016 stellte sie einen Asylantrag. Diesen lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 24.01.2017 mit dem Hinweis auf einen für die Klägerin zumutbaren Aufenthalt im Libanon ab. Hiergegen erhob die Klägerin Klage. Sie verwies darauf, dass sie bei einer Rückkehr nach Syrien befürchten müsse, erneut angegriffen zu werden. Sie sehe sich in Lebensgefahr, weil sie mit der Präsidentenfamilie gebrochen habe. Da der syrische Staat enge Kontakte in den Libanon unterhalte, sei sie auch dort nicht vor dem Zugriff der Präsidentenfamilie sicher.

VG: Klägerin schutzlos

Dieser Klage gab das Gericht nunmehr statt. Die Klägerin hätte im Falle ihrer Rückkehr nach Syrien Verfolgungsmaßnahmen aus politischen Gründen zu befürchten, weil sie als aus Deutschland zurückkehrende Asylbewerberin wie alle syrischen Asylbewerber mit politischer Verfolgung durch das Assad-Regime rechnen müsste und als Witwe eines Cousins des Machthabers besonders gefährdet wäre. Nach ihren glaubhaften Schilderungen sei das Attentat im September 2015 aus dem Kreis der Präsidentenfamilie heraus verübt worden. Die Klägerin sei durch die Mitglieder der Präsidentenfamilie schutzlos gestellt, aus dieser ausgeschlossen und unter Einsatz von Schusswaffen massiv in ihrer körperlichen Unversehrtheit unter einer nicht auszuschließenden Inkaufnahme ihres Todes verletzt worden.

Auch Verfolgung durch oppositionelle Gruppen droht

Aufgrund ihrer Ehe mit einem Verwandten des Präsidenten, der zudem bis zu seinem gewaltsamen Tod eine herausgehobene Position im Militär bekleidet habe, bestehe auch die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer drohenden Verfolgung durch die zahlreichen oppositionellen Gruppen in Syrien, heißt es im Urteil weiter. Der Klägerin drohten auch im Libanon Verfolgungshandlungen in Form erheblicher physischer Gewalt bis hin zum Tod. Aufgrund ihrer ehemaligen Verbindung zur Präsidentenfamilie drohe ihr schon aufgrund der großen Anzahl dort aufgenommener syrischer Flüchtlinge eine Verfolgung durch andere Syrer in einem ähnlichen Ausmaß wie in Syrien selbst.

VG Münster, Urteil vom 05.12.2017 - 8a K 925/17.A

Redaktion beck-aktuell, 21. Dezember 2017.

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