VG Minden: Stationäre Rehabilitationsklinik mit Eilantrag gegen unbefristeten Patienten-Aufnahmestopp erfolgreich

Der Eilantrag einer stationären Rehabilitationsklinik im Kreis Höxter gegen einen unbefristeten Aufnahmestopp, der wegen der Corona-Infizierung einer stationär aufgenommenen Patientin angeordnet worden war, hatte vor dem Verwaltungsgericht Minden Erfolg. Die Entscheidung, welche Maßnahme wegen der infizierten Patientin zu treffen sei, sei eine Ermessenentscheidung, ein solches sei hier jedoch nicht ordnungsgemäß ausgeübt worden. Ein Aufnahmestopp sei nicht immer die unmittelbare und grundsätzlich erforderliche Reaktion bei COVID-19-Ausbrüchen in einer Gesundheitseinrichtung (Beschluss vom 21.04.2020, Az.: 7 L 299/20).

Aufnahmestopp angeordnet

Die Antragstellerin wurde auf Grundlage des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes mit Wirkung zum 03.04.2020 als Einrichtung zur Entlastung der akutstationär zu versorgenden Patienten bestimmt. Seitdem gilt sie für die Behandlung von bis zum 30.09.2020 aufgenommenen Patienten als zugelassenes Krankenhaus. Am 08.04.2020 wurde bekannt, dass sich eine von der Antragstellerin am 26.02.2020 stationär aufgenommene Patientin mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 infiziert hat. Mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 09.04.2020 ordnete die Antragsgegnerin unter anderem an, dass es der Antragstellerin ab sofort bis auf Weiteres untersagt sei, neue Patienten in die Klinik aufzunehmen.

Nur Anordnung notwendiger Schutzmaßnahmen zulässig

Das VG hat dem dagegen erhobenen Eilantrag stattgegeben und die aufschiebende Wirkung der gleichzeitig erhobenen Klage angeordnet. Bei der Anordnung eines Aufnahmestopps für Krankenhäuser handele es sich zwar grundsätzlich um eine taugliche Maßnahme im Sinne des § 28 Infektionsschutzgesetz, wenn in der betroffenen Einrichtung bereits Patienten an COVID-19 erkrankt seien. Weitere Voraussetzung sei jedoch, dass die Behörde ihr Ermessen hinsichtlich Art und Umfang der angeordneten Maßnahme ordnungsgemäß ausübe. Zulässig sei nur die Anordnung notwendiger Schutzmaßnahmen, die zur Verhinderung der (Weiter-)Verbreitung der Krankheit geboten seien.

Vorgabe offensichtlich rechtswidrig

Der von der Antragsgegnerin angeordnete Aufnahmestopp erweise sich nach diesen Maßstäben als offensichtlich rechtswidrig. Die Antragsgegnerin habe lediglich festgestellt, dass sich eine Patientin mit dem SARS-CoV-2 Virus infiziert habe und dass davon ausgegangen werden müsse, dass sich die Patientin aufgrund ihres Aufenthalts in der Klinik dort angesteckt habe. Andere als die angeordnete Maßnahme zur Verhinderung der Verbreitung des Virus seien nicht erwogen worden. Dies sei aber vor dem Hintergrund geboten gewesen, dass die Einrichtung gerade auch die Versorgung von stationär behandlungsbedürftigen Patienten sicherstellen solle. Das Robert-Koch-Institut sehe einen Aufnahmestopp zudem nicht als unmittelbare und grundsätzlich erforderliche Reaktion bei COVID-19 Ausbrüchen in einer Gesundheitseinrichtung vor.

Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt

Insgesamt sei zwar nicht ausgeschlossen, dass auch ein vollständiger Aufnahmestopp im Einzelfall zulässig sein könne. Dazu bedürfe es jedoch einer – hier nicht erfolgten – ordnungsgemäßen Ermessensausübung. Die Beteiligten können gegen den Beschluss Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster entscheiden würde.

VG Minden, Beschluss vom 21.04.2020 - 7 L 299/20

Redaktion beck-aktuell, 22. April 2020.