Für Einbürgerung erforderliche Identitätsklärung auch mittels Zeugenaussagen möglich

Die Ein­bür­ge­rung eines Aus­län­ders in den deut­schen Staats­ver­band setzt unter an­de­rem vor­aus, dass seine Iden­ti­tät und Staats­an­ge­hö­rig­keit ge­klärt sind. Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 25.03.2022 kön­nen sich hierfür Belege bei einem Feh­len amt­li­cher (Aus­weis-)Do­ku­men­te im Ein­zel­fall auch aus den Er­klä­run­gen und Iden­ti­täts­un­ter­la­gen von Fa­mi­li­en­an­ge­hö­ri­gen im Aus­land er­ge­ben.

Einbürgerungsantrag gestellt

Der Kläger ist nach eigenen Angaben somalischer Staatsangehöriger. Er reiste 2011 in das Bundesgebiet ein. Im Rahmen seines Asylverfahrens wurde er als Flüchtling anerkannt und ihm später die Niederlassungserlaubnis erteilt. Im Herbst 2019 stellte der Kläger einen Antrag auf Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit. Er legte dazu einen von der somalischen Botschaft in Berlin ausgestellten Pass und weitere Unterlagen vor, die unter anderem seine Geburt in Somalia und seine somalische Staatsangehörigkeit bestätigen sollten.

Antrag wegen ungeklärter Identität abgelehnt

Die Beklagte lehnte den Einbürgerungsantrag mit der Begründung ab, es fehle an einer zweifelsfreien Klärung der Identität und der Staatsangehörigkeit des Klägers. Verlässliche Auskünfte über somalische Staatsangehörige seien in Somalia nicht zu erlangen und auch die Botschaft habe eine Prüfung der Herkunft des Klägers im Heimatland ersichtlich nicht vorgenommen.

Dokumente und Erklärungen von Verwandten aus dem Ausland vorgelegt

Gegen die Ablehnung wandte sich der Kläger mit einem Widerspruch. Er reichte eine notarielle Erklärung seines Bruders, der als früherer Asylsuchender somalischer Herkunft nunmehr die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besitze, sowie eine Kopie dessen amerikanischen Passes ein. Unter Beifügung von Kopien eines 1973 in Mogadischu ausgestellten Identitätsdokuments und seines schwedischen Passes legte er außerdem eine Erklärung seines Onkels mütterlicherseits vor, wonach dieser schwedischer Staatsangehöriger sei und ursprünglich aus Somalia stamme. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen.

VG Mainz hält Voraussetzungen für Einbürgerung für gegeben

Das VG (Az.: 4 K 476/21.MZ) hat der anschließenden Klage des Mannes stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, den Kläger in den deutschen Staatsverband einzubürgern. Es bestehe ein Anspruch des Klägers auf Einbürgerung, weil neben den sonstigen Voraussetzungen hierfür nach Überzeugung des Gerichts auch von einer Klärung der Identität und Staatsangehörigkeit seiner Person auszugehen sei.

Zwar keine Berufung auf von somalischer Botschaft ausgestellten Pass

Der Kläger könne sich insoweit zwar nicht auf seinen von der Botschaft im Jahr 2021 ausgestellten – und an sich primär maßgeblichen – Pass berufen. Somalische Pässe, die nach dem Januar 1991 ausgestellt worden seien, würden in der Bundesrepublik nicht anerkannt. Denn es bestehe keine Möglichkeit, über amtliche Register verlässliche Auskünfte über somalische Staatsangehörige in Somalia zu erlangen. Der Kläger befinde sich daher lediglich im Besitz nicht anerkennungsfähiger Dokumente und somit in einer unverschuldeten Beweisnot.

Bei unverschuldeter Beweisnot Identität aber auch mittels Zeugenaussagen klärbar

In dieser Situation könnten allerdings auch sonstige Beweismittel wie die Befragung oder die Erklärungen von Zeugen zur Klärung der Identität herangezogen werden, so das VG Mainz. Hier bestätigten die vorgelegten Erklärungen und Dokumente des Bruders und Onkels zum einen ein Verwandtschaftsverhältnis zum Kläger und zum anderen die Identität des Klägers, unter der er seit seiner Einreise in das Bundesgebiet ununterbrochen aufgetreten sei.

Stimmiges Gesamtbild von Identität und Staatsangehörigkeit des Klägers 

Es sei davon auszugehen, dass in den Einbürgerungsverfahren der Verwandten in den Drittstaaten der Nachweis ihrer Identität ebenfalls Voraussetzung gewesen sei. Insoweit dürfte das aus der Zeit vor 1991 stammende somalische Identitätsdokument des Onkels als Beleg gedient haben. Unter Heranziehung auch der Asyl- und Ausländerakte ergebe sich insgesamt ein stimmiges Gesamtbild von der Identität und der Staatsangehörigkeit des Klägers, sodass es einer persönlichen Anhörung der Verwandten nicht bedurft habe. 

VG Mainz, Urteil vom 25.03.2022 - 4 K 476/21

Redaktion beck-aktuell, 25. April 2022.