VG Lüneburg: Personenbezogene Daten eines Gewerkschaftssekretärs rechtswidrig an Verfassungsschutz und LKA übermittelt

Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat der Klage eines Gewerkschaftssekretärs gegen die im Zusammenhang mit von ihm angemeldeten Versammlungen erfolgte Übermittlung seiner personenbezogenen Daten an die niedersächsische Verfassungsschutzbehörde und das niedersächsische Landeskriminalamt stattgegeben. Die Übermittlung sei nicht zur Erfüllung von Gefahrenabwehraufgaben erforderlich gewesen, da es keine Hinweise auf mögliche Versammlungsstörungen gegeben habe (Urteil vom 17.01.2018, Az.: 1 A 334/15).

Gewerkschaftssekretär meldete Versammlungen an

Der Kläger ist Gewerkschaftssekretär der IG Metall in Lüneburg und war bis 2012 Regionsgeschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbundes der Region Nord-Ost-Niedersachsen. Im Rahmen dieser Funktionen meldete er in der Vergangenheit mehrfach Versammlungen an, die er als Versammlungsleiter begleitete. 2012 meldete er erneut zwei Veranstaltungen bei der Hansestadt Lüneburg als Versammlungsleiter an, zum einen eine Kundgebung und eine "Infomeile" für den Deutschen Gewerkschaftsbund und das Lüneburger Bündnis für Demokratie/Netzwerk in Lüneburg mit dem Thema "Aktionstage gegen Rassismus" und zum anderen für die IG Metall zwei Kundgebungen unter dem Motto "Gemeinsam für ein gutes Leben". Die Stadt teilte dies jeweils der Polizeiinspektion Lüneburg mit.

Personenbezogene Daten des Gewerkschaftssekretärs an Verfassungsschutz und LKA übermittelt

Die Polizeiinspektion Lüneburg übermittelte in der Folge sowohl an die Verfassungsschutzbehörde als auch an das Landeskriminalamt einen Bericht über die geplanten Veranstaltungen. Darin wurde unter anderem der Kläger als Versammlungsleiter benannt, in einem Fall nur mit Vor- und Zunamen und in dem anderen Fall sowohl namentlich als unter Mitteilung weiterer Daten (Geburtsdatum und -ort, Wohnanschrift und Telefonnummer). Dagegen klagte der Kläger und begehrte die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Übermittlung seiner personenbezogenen Daten.

Datenweitergabe sollte störungsfreien Versammlungsverlauf gewährleisten

Die Polizeidirektion rechtfertigte die Weitergabe der Daten damit, dass gegen den Kläger zum damaligen Zeitpunkt ein Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs anhängig gewesen sei. Dieses sei im August 2012 mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Zudem sei zum Zeitpunkt der ersten Veranstaltung eine Parallelveranstaltung der antifa angemeldet worden. Die Daten seien weitergegeben worden, damit der Kläger im Hinblick auf polizeiliche und verfassungsschutzrechtliche Erkenntnisse überprüft und ein störungsfreier Versammlungsverlauf gewährleistet wird. So könne die Polizei abschätzen, wie viele Einsatzkräfte vor Ort gegebenenfalls erforderlich würden. Bei einer derartigen Einschätzung spiele insbesondere die Zuverlässigkeit des Versammlungsleiters eine Rolle.

VG: Datenübermittlungen waren rechtswidrig

Das VG hat der Klage stattgegeben. Die Datenübermittlungen an den Verfassungsschutz und das LKA seien rechtswidrig gewesen. Der Kläger habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Datenübermittlung, da mit der Weitergabe personenbezogener Daten ein schwerwiegender Eingriff in das grundrechtlich verbürgte Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verbunden sei und daher ein Rehabilitationsinteresse bestehe.

Übermittlung war nicht für Gefahrenabwehraufgaben erforderlich

Die Voraussetzungen für eine Weitergabe der personenbezogenen Daten des Klägers sah das VG nicht gegeben. Eine Weitergabe personenbezogener Daten unter verschiedenen Behörden komme nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht, unter anderem wenn dies zur Erfüllung der Aufgabe der Gefahrenabwehr erforderlich sei. Daran fehle es hier aber. Selbst nach Ansicht der Polizeiinspektion Lüneburg hätten keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass es bei den angemeldeten Veranstaltungen zu Störungen hätte kommen können. So sei in den Mitteilungen an die Verfassungsschutzbehörde und an das LKA jeweils vermerkt worden, dass Hinweise auf Störungen nicht vorlägen. Eine vorsorgliche Übermittlung personenbezogener Daten für noch nicht eingetretene Gefahrenabwehraufgaben sei nach den anzuwendenden Gesetzesbestimmungen nicht zulässig.

VG Lüneburg, Urteil vom 17.01.2018 - 1 A 334/15

Redaktion beck-aktuell, 19. Januar 2018.

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