Keine Flinte für Schäfer zur Wolfsabwehr

Ein Berufsschäfer hat keinen Anspruch auf Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis zum Erwerb, zum Führen und zur Benutzung einer Flinte, um seine Schafherde gegen einen Wolf zu schützen. Es bestehe in solchen Fällen kein waffenrechtliches Bedürfnis, entschied das Verwaltungsgericht Lüneburg mit Urteil vom 06.09.2022.

Waffenrechtliche Erlaubnisse für Berufsschäfer abgelehnt

Der klagende Berufsschäfer beantragte vergeblich bei der Stadt die Erteilung der waffenrechtlichen Erlaubnisse. Er begründete sein Anliegen damit, dass Wölfe in der Vergangenheit trotz Schutzvorkehrungen wiederholt Schafe aus seiner Herde gerissen haben. Er sieht durch die Wolfsübergriffe seine Existenzgrundlage gefährdet und will in der Lage sein, seine Schafe mithilfe einer Flinte zu verteidigen.

VG: Kläger fehlt waffenrechtliches Bedürfnis

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe nicht das erforderliche waffenrechtliche Bedürfnis nachgewiesen. Er gehöre weder zu den privilegierten Nutzergruppen wie Jägern oder etwa Sportschützen, denen das Gesetz dieses Bedürfnis ausdrücklich zubillige, noch bestehe bei ihm ein besonders anzuerkennendes persönliches oder wirtschaftliches Interesse. Dem Kläger sei zwar in tatsächlicher Hinsicht zuzugeben, dass er durch die Wolfsübergriffe in der Vergangenheit persönlich und wirtschaftlich betroffen sei. Ein Interesse des Klägers, Wölfe zum Schutz der Herde mit einer Schusswaffe zu töten oder zu verletzen, sei im Rahmen der Prüfung der waffenrechtlichen Erlaubnis nach der derzeitigen Rechtslage aber nicht anzuerkennen. Der Wolf stehe sowohl europarechtlich als auch national nach dem Bundesnaturschutzgesetz unter strengem Schutz. Nach dem Niedersächsischen Jagdgesetz unterliege er zudem einer ganzjährigen Schonzeit, so dass ihm auch von Jägern grundsätzlich nicht nachgestellt werden dürfe.

Finanzielle Ausgleichsleistungen für Wolfsschäden möglich

Angesichts dieser bewussten gesetzgeberischen Entscheidungen sei das Interesse eines Weidetierhalters, zum Schutz seiner Tiere einen Wolf verletzen oder töten zu dürfen, nicht anzuerkennen. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass sich das Land nach der "Richtlinie Wolf" verpflichtet habe, den Wolf zu schützen und anteilige finanzielle Ausgleichsleistungen bei Nutztierrissen leiste sowie Präventionsmaßnahmen finanziell unterstütze. Der erst im Gerichtsverfahren gestellte Antrag des Schäfers, ihm hilfsweise die Benutzung einer Flinte mit Gummigeschossen zu gestatten, hatte ebenfalls keinen Erfolg. Er müsse zunächst einen dahingehenden Antrag bei der Stadt Winsen stellen, hieß es. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. 

VG Lüneburg, Urteil vom 06.09.2022 - 3 A 58/21

Redaktion beck-aktuell, 6. September 2022 (ergänzt durch Material der dpa).