Kein Anspruch auf Betäubungsmittel zur Selbsttötung

Schwerkranke Menschen haben nach derzeitiger Rechtslage keinen Anspruch auf den Zugang zu einem Betäubungsmittel zur Selbsttötung. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln am 24.11.2020 entschieden. Das Gericht verweist auf die Inanspruchnahme von Sterbehilfeorganisationen, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur geschäftsmäßigen Sterbehilfe ihre Tätigkeit wieder aufgenommen hätten. Dies sei eine zumutbare Alternative.

Erwerbserlaubnis für Natriumpentobarbital abgelehnt

Die Kläger sind schwer an Multipler Sklerose, Krebs beziehungsweise psychisch erkrankt. Sie beantragten beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die nach dem Betäubungsmittelgesetz für den Erwerb von Natriumpentobarbital erforderliche Erlaubnis. Zur Begründung beriefen sie sich auf das aus dem Grundgesetz abzuleitende Grundrecht auf Selbstbestimmung über den eigenen Tod sowie auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts von 2017 (BeckRS 2017, 110075). Nach dieser ist der Erwerb eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung mit dem Betäubungsmittelgesetz ausnahmsweise vereinbar, wenn sich der Suizidwillige wegen einer schweren und unheilbaren Erkrankung in einer extremen Notlage befindet. Das BfArM lehnte die Anträge ab. Daraufhin erhoben die Kläger Klage.

VG: Derzeit kein Anspruch auf Erwerbserlaubnis für Mittel zur Selbsttötung

Das VG hatte die Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, weil es die bestehende Rechtslage für verfassungswidrig hielt. Das BVerfG verwarf die Vorlagen aber als unzulässig (BeckRS 2020, 13089). Nunmehr hat das VG die Klagen abgewiesen. Zwar sehe es - anders als das BVerwG - aufgrund des klar erkennbaren Willens des Gesetzgebers auch in Ausnahmefällen keine Möglichkeit, eine Erwerbserlaubnis für ein Mittel zur Selbsttötung zu erteilen. Auch sei es zwar weiterhin zweifelhaft, ob dieses im Betäubungsmittelgesetz enthaltene generelle Verbot mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Es liege jedoch zumindest derzeit kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht Suizidwilliger vor.

Sterbehilfeorganisationen übergangsweise zumutbare Alternative

Denn nachdem das BVerfG § 217 StGB zum Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung für nichtig erklärt habe (BeckRS 2020, 2216), hätten Sterbehilfeorganisationen ihre Tätigkeit wieder aufgenommen. Dies ergebe sich aus Auskünften sachkundiger Stellen, die das Gericht eingeholt habe. Sterbehilfeorganisationen ermöglichten einen begleiteten Suizid auch ohne Inanspruchnahme von Natriumpentobarbital. Damit stehe den Klägern eine Alternative zur Verfügung. Die Inanspruchnahme von Sterbehilfeorganisationen sei zwar nach wie vor problematisch, da es an einer staatlichen Überwachung fehle und die Tätigkeit intransparent erfolge. Sie sei aber für eine Übergangszeit zumutbar, bis der Gesetzgeber ein tragfähiges Schutzkonzept für die Sterbehilfe und die Verwendung suizidgeeigneter Betäubungsmittel entwickelt habe. Solche Schutzkonzepte seien als wesentliche Entscheidungen in einem grundrechtsrelevanten Bereich dem Gesetzgeber vorbehalten. Es gebe auch genügend Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bereits an solchen Schutzkonzepten arbeite.

VG Köln, Urteil vom 24.11.2020 - 7 K 13803/17

Redaktion beck-aktuell, 10. Dezember 2020.