Haus der Geschichte muss Einsicht in Kaufverträge über "Schabowski-Zettel" gewähren

Die Stiftung Haus der Geschichte muss einem Journalisten der BILD-Zeitung Einsicht in zwei Kaufverträge gewähren, die den sogenannten Schabowski-Zettel betreffen. Das Verwaltungsgericht Köln verweist auf die herausragende historische Bedeutung, die dem Notizzettel des SED-Politbüro-Mitglieds Günter Schabowski zukomme und ein besonderes öffentliches Interesse an den Erwerbshintergründen begründe.

Akteneinsicht vom presserechtlichen Auskunftsanspruch gedeckt?

Die handschriftliche Notiz hatte bei der historischen Pressekonferenz vom 09.11.1989 eine Rolle gespielt, die den Fall der Berliner Mauer zur Folge hatte. Bereits im Jahr 2022 hatte das VG geurteilt, dass die Stiftung der Presse Auskunft über die Namen des Erst- und Zweitverkäufers des "Schabowski-Zettels" erteilen müsse. Soweit der Kläger im damaligen Verfahren darüber hinaus Auskunft über den Wortlaut der Vereinbarung zwischen dem Zweitverkäufer und dem Haus der Geschichte begehrt hatte, hatte das Gericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hatte es ausgeführt, dass sich das Begehren im Ergebnis als ein Begehren auf Akteneinsicht in den entsprechenden Kaufvertrag darstelle. Dies sei vom presserechtlichen Auskunftsanspruch nicht gedeckt.

Stiftung beruft sich auf Schutz von Daten und Geschätfsgeheimnissen

Ob der Presse Einsicht in die Kaufverträge zwischen Stiftung und Zweitverkäufer sowie zwischen Erst- und Zweitverkäufer gewährt werden muss, war nun Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Das Haus der Geschichte hatte dies im Verwaltungsverfahren mit der Begründung abgelehnt, dass das Informationsinteresse des Klägers zum Schutz der personenbezogenen Daten des Verkäufers zurückstehen müsse. Zudem seien Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Stiftung betroffen. Ferner sei die Stiftung auf dem Markt nur wettbewerbsfähig, falls sie im Bedarfsfall potentiellen Verkäufern von Ausstellungsstücken – wie hier erfolgt – Anonymität zusichern könne. Schließlich konkurriere sie mit privaten Sammlungen und Museen um den Erwerb von Ausstellungsstücken. Nur so könne sie auch ihren Stiftungszweck erfüllen.

Erwerbshintergründe historisch besonders herausragender Ausstellungsstücke begründet erhebliches öffentliches Interesse

Dem ist das VG Köln nicht gefolgt. Der Anspruch ergebe sich aus dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes. Bei der hier vorzunehmen Einzelfallabwägung überwiege das Informationsinteresse des Klägers das Ausschlussinteresse des Verkäufers. An den Erwerbshintergründen historisch besonders herausragender Ausstellungsstücke bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse, das der Kläger erfolgreich geltend machen könne. Dem bloßen Wunsch des Verkäufers nach Anonymität könne daher nicht entsprochen werden. Der einmalig gebliebene Vorgang zwischen der Stiftung und dem Verkäufer beinhalte kein exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen, sodass kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis betroffen sei. Die Stiftung sei zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch nicht zwingend darauf angewiesen, ihren Geschäftspartnern auf deren Verlangen hin Anonymität zuzusagen. Fiskalische Interessen des Bundes seien ebenfalls nicht beziehungsweise nicht maßgeblich berührt. Gegen das Urteil können die Beteiligten Berufung einlegen.

VG Köln, Urteil vom 29.06.2023 - 13 K 5228/19

Redaktion beck-aktuell, 6. Juli 2023.