Deutsche Verwaltungspraxis zur Kabotage ist europarechtskonform

Deutsche Behörden dürfen davon ausgehen, dass eine unzulässige Kabotage vorliegt, wenn mehr als drei selbstständige Abnehmer angefahren werden. Die diesbezügliche Deutsche Verwaltungspraxis sei europarechtskonform, entschied das Verwaltungsgericht Köln mit Urteil vom 31.05.2021 und wies damit die Klage eines in Polen niedergelassenen Transportdienstleisters ab.

Streit um Kabotage-Transporte

Die Klägerin ist ein polnisches Unternehmen, das Kabotage betreibt. Das heißt, sie erbringt Transportdienstleistungen, bei denen sowohl die Be- als auch die Entladung des Transportfahrzeugs in einem europäischen Mitgliedstaat stattfindet, in dem sie über keine eigene Niederlassung verfügt. Gemäß Art. 8 Abs. 2 VO (EG) 1072/2009 sind im Anschluss an eine grenzüberschreitende Beförderung nach Auslieferung der Güter bis zu drei Kabotagebeförderungen zulässig. Der Europäische Gerichtshof hatte in Bezug auf eine dänische Regelung entschieden, dass den Mitgliedstaaten Ermessen für den Erlass nationaler Durchführungsmaßnahmen einzuräumen sei, mit denen der Begriff "eine Kabotagebeförderung" näher ausgefüllt werde. Die Regelung in Art. 8 VO (EG) 1072/2009 sei in Bezug auf den Begriff der Kabotage in einer Weise unbestimmt, die eine Konkretisierung durch die Mitgliedstaaten erlaube.

Deutsche Behörden untersagten Klägerin mehr als drei Entladestellen anzufahren

Im Nachgang der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes beabsichtigte die Klägerin die Wiederaufnahme eines von der Beklagten zuvor untersagten Geschäftsmodells. Danach wollte die Klägerin im Anschluss an einen vorangegangenen grenzüberschreitenden Gastransport nach Deutschland und der vollständigen Entladung des Transportfahrzeugs dieses in Deutschland erneut mit Gas betanken und im Auftrag eines wirtschaftlich gleichen Auftraggebers sodann mehr als drei wirtschaftlich unabhängige Abnehmer (Entladestellen) anfahren. Die Beklagte teilte der Klägerin im Vorfeld der Klage mit, dass diese Geschäftstätigkeit weiterhin eine unzulässige Kabotage darstelle, da mehr als drei selbstständige Abnehmer angefahren würden. Maßgeblich seien insoweit die Angaben im Frachtbrief. Eine Kabotagebeförderung liege vor, wenn die Klägerin für einen Auftraggeber einen Abnehmer beliefere. Die Anzahl der Be- und Entladeorte sei nach der Verwaltungspraxis der Beklagten unerheblich.

VG bestätigt deutsche Verwaltungspraxis  

Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Verwaltungspraxis der Beklagten im Einklang mit europäischem Recht stehe. Sie habe das ihr vom Europäischen Gerichtshof zugesprochene Ermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Insoweit begegne es keinen Bedenken, dass die Beklagte sich bei dem Begriff einer einzelnen Kabotagebeförderung an den Angaben im Frachtbrief orientiere. Hiermit würden die Grenzen der VO (EG) 1072/2009 nicht überschritten. Ob andere europäische Mitgliedstaaten abweichende Regelungen erlassen hätten und ob diese strenger oder weiter seien, sei im Ergebnis unerheblich, da die nationalen Regelungen jeweils nur an den europäischen Maßstäben zu prüfen seien.

VG Köln, Urteil vom 31.05.2021 - 18 K 8314/18

Redaktion beck-aktuell, 8. Juni 2021.