VG Koblenz verneint Fahrtkostenerstattung für Grundschüler an Freier Waldorfschule

Ein (Grund-)Schüler hat in Rheinland-Pfalz keinen Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten zu einer von ihm besuchten Freien Waldorfschule, wenn diese nicht im Bezirk der für diesen Schüler zuständigen öffentlichen Grundschule oder in einem angrenzenden Schulbezirk liegt. Hierauf weist das Verwaltungsgericht Koblenz hin. Die Regelung sei mit höherrangigem Recht vereinbar (Urteil vom 13.06.2018, Az.: 4 K 123/18.KO).

Schülerbeförderungskosten wurden nicht übernommen

Der 2010 geborene Kläger begehrt die Erstattung von Fahrtkosten zur Freien Waldorfschule in Kastellaun, deren erste Klasse er seit seiner Einschulung im Schuljahr 2017/2018 besucht. Er wohnt in einer Ortsgemeinde im Rhein-Hunsrück-Kreis, die weder im Grundschulbezirk der Grundschule Kastellaun noch in einem benachbarten Grundschulbezirk liegt. Seinen Antrag auf Übernahme der Schülerbeförderungskosten lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, dass nach der gesetzlichen Regelung in § 33 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 des rheinland-pfälzischen Privatschulgesetzes die Waldorfschule im Bezirk der für diesen Schüler zuständigen öffentlichen Grundschule oder in einem angrenzenden Schulbezirk liegen müsse, was beim Kläger nicht der Fall sei.

Ungleichbehandlung geltend gemacht

Mit seiner Klage machte der Kläger unter anderem geltend, er habe bereits nach der für Schüler öffentlicher Schulen geltenden Vorschrift des § 69 des rheinland-pfälzischen Schulgesetzes einen Anspruch auf Übernahme der Fahrtkosten, zumindest bis zur nächstgelegenen Schule. Verfassungsrechtlich bedenklich sei nicht nur die schulwegkostenrechtliche Ungleichbehandlung von Schülern öffentlicher und privater Schulen, sondern auch die weitere Differenzierung zwischen den Schülern von staatlich anerkannten privaten Ersatzschulen und staatlich (nur) genehmigten privaten Ersatzschulen wie den Freien Waldorfschulen.

Freie Schulwahl beeinträchtigt?

Der Beklagte habe ferner Art. 13 Abs. 2a des UN-Sozialpakts verkannt, wonach der Grundschulunterricht unentgeltlich gewährt werden müsse, wovon auch die Kosten für die Schülerbeförderung als mittelbare Kosten erfasst seien. Die Schülerbeförderung sei nämlich unabdingbare Voraussetzung für die Beschulung. Werde die Übernahme dieser Kosten abgelehnt, so sei die freie Schulwahl beeinträchtigt.

Gesetzliche Voraussetzungen für Kostenerstattung nicht erfüllt

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das VG Koblenz hält die ablehnende Entscheidung des beklagten Landkreises für rechtmäßig. Sie verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Es bestehe weder ein Anspruch auf eine volle Fahrtkostenerstattung noch auf die hilfsweise begehrte anteilige Fahrtkostenerstattung bis zur nächstgelegenen Schule. Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung komme eine Erstattung nur in Betracht, wenn der Kläger eine Freie Waldorfschule besuche, die im Bezirk der für ihn zuständigen öffentlichen Grundschule oder in einem angrenzenden Schulbezirk liege. Das sei hier jedoch nicht der Fall.

Staat muss nicht für kostenlose Schülerbeförderung sorgen

Gegen die landesrechtlichen Regelungen zur Übernahme von Schülerbeförderungskosten bestünden keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Wie das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz bereits 2014 in einem grundsätzlichen Urteil zu Freien Waldorfschulen entschieden habe, lasse sich dem geltenden Verfassungsrecht kein Gebot des Inhalts entnehmen, dass der Staat für die kostenlose Beförderung der Schüler auf dem Schulweg zu sorgen hätte. Wenn der Staat den Eltern mit der Übernahme bestimmter Schülerbeförderungskosten einen kleinen Teil des Lebensführungsaufwands und der Unterhaltspflicht abnehme, so dürfe er schon angesichts der begrenzten Leistungsfähigkeit der öffentlichen Hand Differenzierungen vornehmen, solange und soweit hierfür hinreichende sachliche Gründe gegeben seien.

Staat darf zwischen Schülern öffentlicher und privater Schulen differenzieren

Aus verfassungsrechtlicher Sicht sei der Gesetzgeber nicht gehalten, Schüler von öffentlichen und privaten Schulen schulwegkostenrechtlich gleich zu behandeln. Dem Kläger stehe auch aus Art. 13 Abs. 2a des UN-Sozialpakts kein Anspruch auf eine kostenlose oder zumindest teilfinanzierte Beförderung zur Freien Waldorfschule in Kastellaun zu. Sofern aus dieser Bestimmung überhaupt ein Anspruch des Klägers folge, sei dieser bereits aufgrund der Rechtslage in Rheinland-Pfalz erfüllt. Die Norm verlange vom Grundschulunterricht, dass dieser "für jedermann Pflicht und allen unentgeltlich zugänglich sein muss“. Das habe der Beklagte zutreffend dargelegt, denn eine kostenfreie Beförderung des Klägers zur Freien Waldorfschule in Kastellaun sei sichergestellt, wenn er seinen Wohnsitz in dem Grundschulbezirk Kastellaun oder einem der unmittelbar benachbarten Grundschulbezirke nehme. Im Übrigen sei eine kostenfreie Beförderung zu der Grundschule, in deren Bezirk der Kläger wohnt, sichergestellt. Damit könne von der Möglichkeit eines kostenlosen Grundschulbesuchs ausgegangen werden. Wenn sich die Eltern des Klägers für eine andere Schule entschieden, so liege dies in ihrem finanziellen Verantwortungsbereich.

Zulassung der Berufung kann beantragt werden

Gegen diese Entscheidung können die Beteiligten die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen.

VG Koblenz, Urteil vom 13.06.2018 - 4 K 123/18.KO

Redaktion beck-aktuell, 25. Juni 2018.

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