VG Koblenz stoppt vorerst Bau von Windenergieanlagen zum Schutz von Rotmilan und Wespenbussard

Die Windenergieanlagen im Bereich Pferdsfeld (Stadt Bad Sobernheim) dürfen vorerst nicht gebaut werden. Dies hat das Verwaltungsgericht Koblenz mit Beschluss vom 19.09.2018 klargestellt. Auf den Antrag des Vereins Naturschutzinitiative stellte das VG die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wieder her (Az.: 4 L 796/18.KO). Begründet wurde die Entscheidung vor allem mit dem Schutz von Rotmilan und Wespenbussard. Fünf weitere Eilrechtsschutzbegehren von Hauseigentümern blieben dagegen erfolglos (Beschlüsse vom 31.08.2018, Az.: 4 L 744/18.KO, 4 L 745/18.KO, 4 L 757/18.KO, 4 L 758/18.KO und 4 L 759/18.KO).

Kreisverwaltung erteilte Genehmigung - Eilanträge gegen Sofortvollzug

Die Kreisverwaltung des Landkreises Bad Kreuznach hatte der beigeladenen Antragstellerin, einer Windparkgesellschaft, unter dem 24.04.2017 die – am 07.07.2017 für sofort vollziehbar erklärte – immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von sieben Windenergieanlagen (WEA) im Bereich der Wüstungen Pferdsfeld und Eckweiler in der Nähe des ehemaligen NATO-Flugplatzes Pferdsfeld erteilt. Mit zwei Nachtrags- und Änderungsbescheiden vom 15. und 30.05.2018 wurden einzelne naturschutzrechtliche Nebenbestimmungen der vorgenannten Genehmigung geändert. Die Anlagen sind noch nicht im Bau. Insgesamt sechs Eilanträge wurden gegen den Sofortvollzug der Genehmigung gestellt.

Maßnahmenkonzept zum Schutz der Rotmilane fehlte

Auf den Eilantrag des Vereins Naturschutzinitiative stellte das VG im Verfahren 4 L 796/18.KO fest, die im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu treffende Interessenabwägung falle zulasten des zukünftigen Betreibers aus, da die der beigeladenen Windparkgesellschaft erteilte Genehmigung sich im derzeitigen Stand des Verfahrens als rechtswidrig erweise. Im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (eine Widerspruchsentscheidung ist noch nicht erfolgt) habe kein öffentliches Interesse am Sofortvollzug bestanden, da das in der Genehmigung als Bedingung für den Beginn der Bauarbeiten geforderte Maßnahmenkonzept zum Schutz der in diesem Bereich verbreitet vertretenen Rotmilane noch nicht vorgelegt und geprüft worden sei.

Wespenbussard entgegen Ansicht der Genehmigungsbehörde WEA-empfindlich

Darüber hinaus habe die Genehmigung in Bezug auf den Wespenbussard nicht erteilt werden beziehungsweise bestehen bleiben dürfen, da insoweit jedenfalls ohne vorherige Raumnutzungsanalyse der Störungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 Bundesnaturschutzgesetz gegeben sei. Nach den von der beigeladenen Windparkgesellschaft vorgelegten naturschutzfachlichen Untersuchungen habe im Abstand von weniger als 400 Metern zu einer und von weniger als 1.000 Metern zu vier anderen WEA ein Wespenbussardpaar gebrütet. Entgegen der Auffassung der Gutachter der beigeladenen Windparkgesellschaft und der Genehmigungsbehörde sei der Wespenbussard WEA-empfindlich. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Naturschutzfachlichen Rahmen zum Ausbau der Windenergienutzung in Rheinland-Pfalz vom 13.09.2012, der den Genehmigungsbehörden als Leitfaden vorgegeben sei. Darin sei für das nur 2,1 Kilometer von der nächstgelegenen WEA entfernte EU-Vogelschutzgebiet Nahetal ein Hauptvorkommen des Wespenbussards ausgewiesen und seine WEA-Empfindlichkeit festgestellt. Der Aktionsraum des Wespenbussards sei auch keinesfalls auf den Wald und die angrenzenden Wiesen beschränkt, zudem liege eine WEA unmittelbar am Wald und vier weitere weniger als 250 Meter von dem Wald mit der Brutstätte entfernt.

Anträge von Anwohnern bleiben erfolglos

Die übrigen fünf Eilrechtsschutzbegehren von Eigentümern nahegelegener Wohnhäuser hatten keinen Erfolg. Insoweit bestünden, so das VG, keine überwiegenden Erfolgsaussichten der erhobenen Widersprüche. Sowohl hinsichtlich der zu erwartenden Schall- als auch Schattenbelastung seien entweder ausreichende Nebenbestimmungen in die Genehmigung aufgenommen worden oder es seien – selbst bei Zugrundelegung neuerer Berechnungsmethoden zur Schallprognose – keine unzumutbaren Beeinträchtigungen zu befürchten. Eine unzumutbare optische Bedrängung durch die mehr als 1.150 Meter entfernten und weniger als 200 Meter hohen WEA sei nicht zu erwarten. Auf die behauptete Beeinträchtigung des Landschafts- und Denkmalschutzes könnten sich die Antragsteller nicht berufen und eine Gefährdung durch Eiswurf und Eisabfall im näheren Umfeld der WEA hätten sie nicht substantiiert geltend gemacht. Im Übrigen sei von der Genehmigungsbehörde eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden.

VG Koblenz, Beschluss vom 19.09.2018 - 4 L 796/18.KO

Redaktion beck-aktuell, 28. September 2018.

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