Neuwied: Deutliche Anhebung des Hebesatzes für Grundsteuer B rechtens

Die Stadt Neuwied durfte den Hebesatz für die Grundsteuer B von 420% auf 610% anheben. Dies hat das Verwaltungsgericht Koblenz entschieden und auf das der Stadt im Rahmen ihrer Finanzhoheit zustehende weite Satzungsermessen verwiesen. Insbesondere sei die Anhebung nicht willkürlich, sondern angesichts des hohen Haushaltsdefizits der Stadt sachlich gerechtfertigt.

Eigentümer von Wohngrundstücken klagen gegen erhöhten Hebesatz

Die Kläger sind Eigentümer von zum Wohnen genutzten Grundstücken im Gebiet der beklagten Stadt Neuwied und wurden in der Vergangenheit jährlich zur Grundsteuer B veranlagt. Nachdem die Stadt die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B von 420% auf 610% beschlossen hatte, änderte sie die ursprünglichen Grundsteuerbescheide gegenüber den Klägern und setzte die für das Kalenderjahr 2021 jeweils zu entrichtende Grundsteuer B unter Berücksichtigung eines Hebesatzes von 610% neu fest. Dagegen richteten sich die nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klagen.

Wegen Fortgeltungsanordnung kein Widerspruch zu BVerfG-Entscheidung

Das VG wies die Klagen ab. Die Grundsteueränderungsbescheide seien rechtmäßig und verletzten die Kläger nicht in ihren Rechten. Denn die Anhebung des Hebesatzes auf 610% sei ermessensfehlerfrei erfolgt. Sie halte sich in den Grenzen des der Beklagten im Rahmen ihrer Finanzhoheit zustehenden weiten Satzungsermessens. Sie stehe auch nicht im Widerspruch zu dem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zur Grundsteuer aus dem Jahr 2018. Das gemeindliche Hebesatzrecht bleibe für die Dauer der vom BVerfG getroffenen Fortgeltungsanordnung unberührt.

Kein Verstoß gegen Gleichheitssatz – Erdrosselungsgrenze eingehalten

Ebenso wenig verstoße die Anhebung des Hebesatzes gegen den Gleichheitsgrundsatz. Sie sei auch weder treuwidrig noch willkürlich. Vielmehr sei sie angesichts dessen, dass die Haushaltssatzung der Beklagten für das Haushaltsjahr 2021 im Ergebnishaushalt ein Defizit von 8.079.000 Euro ausweise und eine Kreditaufnahme zur Finanzierung von Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen vorsehe, sachlich gerechtfertigt. Darüber hinaus werde infolge der Anhebung des Hebesatzes auch die sogenannte Erdrosselungsgrenze als äußerste Schranke der Besteuerung nicht überschritten. Gegen die Entscheidungen können die Beteiligten als Rechtsmittel die Zulassung der Berufung beantragen.

VG Koblenz, Urteil vom 03.05.2022 - 5 K 999/21.KO

Redaktion beck-aktuell, Britta Weichlein, beck-aktuell-Redaktion, 27. Mai 2022.

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