Keine Normenkontrolle gegen Weitergeltungsanordnung

Die Weitergeltungsanordnung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz betreffend die Regelungen des für verfassungswidrig erklärten Landesfinanzausgleichsgesetzes kann dem Bundesverfassungsgericht nicht zur Normenkontrolle vorgelegt werden. Der Richterausspruch sei kein tauglicher Vorlagegegenstand, entschied das Verwaltungsgericht Koblenz mit Urteilen vom 08.11.2021.

Streit um kommunalen Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz

Die Gemeinden und Gemeindeverbände in Rheinland-Pfalz erhalten vom Land im Wege des kommunalen Finanzausgleichs Zuweisungen nach den Vorschriften des Landesfinanzausgleichsgesetzes. Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz hielt die betreffenden Vorschriften für verfassungswidrig und verpflichtete den Gesetzgeber, spätestens bis zum 01.01.2014 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen. Nach Erlass eines neuen Landesfinanzausgleichsgesetztes setzte das Land Rheinland-Pfalz die Schlüsselzuweisungen des Jahres 2014 für die Klägerinnen fest. Beide Kommunen machten einen Anspruch auf höhere Schlüsselzuweisungen geltend. Sie meinten, auch das novellierte Landesfinanzausgleichsgesetz sei verfassungswidrig, da sie nach wie vor durch das Land nicht in einer Weise finanziell ausgestattet würden, die der Verfassung entspreche.

Klage gegen Weitergeltungsanordnung des VerfGH

Die Klagen wurden zunächst wegen vorgreiflicher anderer Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz zum Ruhen gebracht beziehungsweise ausgesetzt. Später stellte der Verfassungsgerichtshof zwar auch die Verfassungswidrigkeit des novellierten Landesfinanzausgleichsgesetzes fest, entschied jedoch, dass dessen Regelungen bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar seien. Er gab dem Gesetzgeber auf, eine Neuregelung spätestens bis zum 01.01.2023 zu treffen. Verfahrensbeendende Erklärungen gaben die beiden Kommunen daraufhin nicht ab, sondern beantragten, dass die Verfahren vom Verwaltungsgericht erneut auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen seien. Zur Begründung führten sie aus, es liege hier ein Wiederholungsverstoß des Gesetzgebers zu Lasten der Kommunen vor. Die vom Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz ausgesprochene Weitergeltungsanordnung sei deswegen mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.

Normenkontrolle gegen Weitergeltungsanordnung unzulässig

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen abgewiesen. Der Verfassungsgerichtshof habe bindend entschieden, dass die Finanzausgleichsregelungen für die noch laufende Übergangszeit weiter anzuwenden seien. Eine Vorlage zum Bundesverfassungsgericht komme nicht in Betracht, da der Richterausspruch kein tauglicher Vorlagegegenstand einer Normenkontrolle sei. Zudem liege der Zweck einer konkreten Normenkontrolle darin, die Normverwerfungskompetenz bei den Verfassungsgerichten zu monopolisieren, um zu verhindern, dass Gerichte im Verhältnis zu den Parlamenten die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen unterschiedlich bewerten.

Klage ist auch sachlich nicht gerechtfertigt

Im Verhältnis zu dem rheinland-pfälzischen Landtag sei aber verbindlich geklärt, dass die Regelungen des Landesfinanzausgleichsgesetzes verfassungswidrig seien. Von daher fehle für eine Normenkontrolle auch die sachliche Rechtfertigung. Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz unterliege bei der Auslegung der Landesverfassung keinen Beschränkungen durch seine frühere Rechtsprechung. Er sei nicht daran gehindert gewesen, anzuordnen, dass auch das novellierte Landesfinanzausgleichsgesetz trotz seiner Verfassungswidrigkeit für eine Übergangszeit weiter anwendbar bleibe.

VG Koblenz, Urteil vom 08.11.2021 - 1 K 1033/19

Redaktion beck-aktuell, 23. November 2021.

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