Keine Entschädigung für durch neue Straße beeinträchtigte Zufahrt

Grundstückseigentümer, deren Zufahrt durch die erstmalige Herstellung einer Straße beeinträchtigt wird, hier durch ein Stufenniveau von 25 bis 30 cm, haben keinen Anspruch auf eine Entschädigung. Dies hat das Verwaltungsgericht Koblenz entschieden. § 39 Abs. 2 Satz 1 LStrG sei weder direkt noch analog anwendbar. Der Gesetzgeber habe bewusst auf eine Entschädigung in solchen Fällen verzichtet.

Streit um Entschädigung für beeinträchtigte Grundstückszufahrt durch neu gebaute Straße

Die beigeladenen Eheleute sind Eigentümer eines im Gebiet eines Bebauungsplans gelegenen Grundstücks. Hierauf ließen sie im Jahr 2002 ein Wohngebäude mit einer Zufahrt zu der provisorischen Verkehrsanlage errichten, die erst in den Jahren 2014 bis 2016 fertiggestellt wurde. Hierdurch entstand von der Straße zu diesem Grundstück eine etwa 25 bis 30 cm hohe Stufe. In der Folge forderten die Grundstückseigentümer von der Stadt Rennerod die Übernahme der Kosten für ein Absenken ihrer Zufahrt auf das Straßenniveau. Die Stadt lehnte dies ab. Die dagegen vor den Zivilgerichten erhobene Klage blieb erfolglos. Daraufhin beantragten die Eheleute bei der Struktur- und Genehmigungsbehörde (SGD) Nord eine angemessene Entschädigung für die Änderung der Straße. Die SGD Nord entschied, die Stadt Rennerod müsse dem Grunde nach analog § 39 Abs. 2 LStrG den Hauseigentümern eine angemessene Entschädigung zur Anpassung der Zufahrt von der Straße zu ihrem Grundstück zahlen. Über die Höhe werde nach Einholung eines Gutachtens entschieden. Die Stadt Rennerod klagte dagegen beim VG.  

§ 39 Abs. 2 Satz 1 LStrG weder direkt noch analog anwendbar

Die Klage hatte Erfolg. Der Entschädigungsfeststellungsbeschluss sei rechtswidrig. § 39 Abs. 2 Satz 1 LStrG komme als Grundlage nicht in Betracht. Denn diese Vorschrift beziehe sich angesichts des Merkmals "öffentlich" ausschließlich auf Änderungen solcher Straßen, die gewidmet seien. Hieran fehle es bei der erstmaligen Herstellung von Verkehrsanlagen. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift sei ebenfalls nicht gerechtfertigt. Sie setze eine planwidrige Gesetzeslücke voraus, die nicht gegeben sei. Für diese Bewertung sprächen schon der Wortlaut und die Systematik des Landesstraßengesetzes. Werde eine Straße erstmalig hergestellt, handele es sich bereits nach dem Wortsinn nicht um die Änderung einer Straße. Dem Gesetzgeber sei dieser Unterschied auch bewusst gewesen.

Gesetzgeber verzichtete bewusst auf Entschädigung in dieser Fallgestaltung

Dies folge aus § 39 Abs. 4 Satz 1 LStrG. Hierin sei unter bestimmten Voraussetzungen eine Entschädigung auch für den Fall vorgesehen, dass bereits der Bau einer Straße zu einer Beeinträchtigung der Anliegergrundstücke führe. Überdies habe der Gesetzgeber, wie die Entstehungsgeschichte dieser Norm zeige, bewusst darauf verzichtet, eine Entschädigung auch für den Fall vorzusehen, dass durch die erstmalige Herstellung einer Straße die Zufahrt zu einem Anliegergrundstück beeinträchtigt werde. Schließlich sei die Interessenlage von Anliegern einer nicht gewidmeten Straße nicht mit denjenigen an einer öffentlichen Straße vergleichbar. Denn erst durch eine Widmung entstehe ein rechtlich gesicherter Zustand, auf den sich die Eigentümer von Grundstücken verlassen könnten.

VG Koblenz, Urteil vom 16.01.2023 - 1 K 492/22.KO

Redaktion beck-aktuell, 24. Januar 2023.