Keine Enteignung zur Umsetzung rechtswidrigen Bebauungsplans

Eine Gemeinde kann die vertraglich vereinbarte Umsetzung eines Erschließungsweges bei entgegenstehenden Eigentumsverhältnissen nicht im Wege der Enteignung erfüllen, wenn die entsprechenden planerischen Festsetzungen unwirksam sind. Dies hat das Verwaltungsgericht Koblenz entschieden und damit die Klage eines Anwohners gegen die Ortsgemeinde Ochtendung abgewiesen.

Streit um vertragliche Umsetzung eines geplanten Erschließungsweges

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, dass an eine im Bebauungsplan als "Fuß- und Wohnweg" festgesetzte Verkehrsfläche grenzt, die zur Erschließung eines Wohngebiets dient. Die Ortsgemeinde Ochtendung und der Kläger schlossen 2016 einen Vertrag, in dem sich die Kommune dazu verpflichtete, den Bebauungsplan im Hinblick auf den ausgewiesenen Wohn- und Fußweg "so bald wie möglich umzusetzen" und den Weg mindestens auf drei Meter zu verbreitern. In der Folgezeit versuchte die Ortsgemeinde vergebens, eine für die Verbreiterung des Wohn- und Fußweges benötigte Teilfläche von der Eigentümerin zu erwerben. Im weiteren Verlauf erhob der Kläger Klage. Er machte geltend, der Ortsgemeinde sei die Erfüllung des Vertrages möglich, indem sie bei der zuständigen Stelle einen Antrag auf Enteignung stelle.

Vertragserfüllung aufgrund der Eigentumsverhältnisse unmöglich

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung sei auf eine Leistung gerichtet, die der Beklagten unmöglich sei. Der vereinbarten Umsetzung des Bebauungsplans, der die Herstellung eines drei Meter breiten “Wohn- und Fußweges“ vorsehe, stehe entgegen, dass eine für die Verbreiterung dieses Weges benötigte Teilfläche im Eigentum eines nicht zur Veräußerung bereiten Dritten stehe. Eine Beschaffung dieser Fläche im Wege der Enteignung sei nicht möglich. Eine städtebauliche Enteignung setze einen wirksamen Bebauungsplan voraus. Dieser Anforderung genüge die Festsetzung des Wohn- und Fußweges nicht, weil sie gegen das auch für Bebauungspläne geltende rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot verstoße. Es sei unklar, welche besondere Zweckbestimmung der Gemeinderat bei seinem Satzungsbeschluss für die als "Wohn- und Fußweg" ausgewiesene Verkehrsfläche im Blick gehabt habe.

Rechtswidrige Festsetzungen stehen Enteignung entgegen

Unabhängig davon verletze der Bebauungsplan das bauplanungsrechtliche Abwägungsverbot. Er verfüge im Hinblick auf die festgesetzten Verkehrsflächen über kein in sich stimmiges Konzept. Hierfür spreche insbesondere die Begründung des Plans, in der ausgeführt sei, ein Wegeausbau im Zuge des anstehenden Straßenausbaues sei nicht vorgesehen. Es gebe aber festgesetzte Wohnflächen, die nur an diesen Weg, nicht aber an eine sonstige Verkehrsfläche angrenzten. Das habe zur Folge, dass die von der Planung berührten öffentlichen Belange nicht in einen sachgerechten Ausgleich gebracht worden seien. Ein wegen Missachtung des Abwägungsgebots unwirksamer Bebauungsplan sei keine taugliche Grundlage für eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende Enteignung.

VG Koblenz, Urteil vom 08.05.2023 - 1 K 869/22

Redaktion beck-aktuell, 6. Juni 2023.