Einstellung in Polizeivollzugsdienst trotz Laktose- und Fruktoseunverträglichkeit möglich

Ein Bewerber für den polizeilichen Vollzugsdienst darf wegen einer Laktose- und Fruktoseunverträglichkeit nicht grundsätzlich aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen werden. Dies hat das Verwaltungsgericht Koblenz entschieden. Denn trotz der Unverträglichkeit könne – wie hier bei Symptomfreiheit ohne Einnahme von Präparaten – die erforderliche Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit gegeben sein.

Wegen Laktose- und Fruktoseunverträglichkeit abgelehnt

Der Kläger bewarb sich für eine Beamtenstelle im mittleren Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei. Er legte einen Arztbrief vor, nach dem er an einer Laktose- und Fruktoseunverträglichkeit leidet. Der Polizeiarzt schloss deshalb seine Polizeidiensttauglichkeit auf der Grundlage der Polizeidienstvorschrift "Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und Polizeidienstfähigkeit" (PDV) aus. Danach seien schwerwiegende, chronische oder zu Rückfällen neigende Krankheiten der Verdauungsorgane als die Polizeidiensttauglichkeit ausschließende Merkmale festgelegt. Unter diese Regelung seien auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie Laktose- und Fruktoseunverträglichkeit zu fassen. Daraufhin lehnte die Beklagte die Bewerbung des Klägers ab. Dieser erhob Widerspruch und begehrte gerichtlichen Eilrechtsschutz. Der Eilantrag war beim VG erfolgreich, wurde vom Oberverwaltungsgericht dann aber abgelehnt. Daraufhin erklärte die Beklagte das Widerspruchsverfahren für erledigt.

Kläger: Keine Einschränkungen durch Unverträglichkeiten

Mit seiner anschließend erhobenen Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass der Ablehnungsbescheid rechtswidrig gewesen sei. Er trug im Wesentlichen vor, er sei vollumfänglich polizeidiensttauglich. Die Beklagte könne seine gesundheitliche Eignung nicht auf der Grundlage der bereits überholten Arztberichte beurteilen. Seit längerer Zeit schränke er sich bei seiner Ernährung nicht mehr ein. Er könne selbst Fertiggerichte ohne Probleme zu sich nehmen. Lediglich auf laktosehaltige Milch verzichte er. Dies allerdings nur deshalb, weil er inzwischen den Geschmack von laktosefreier Milch bevorzuge. Präparate nehme er nicht ein. Die PDV sei verfassungswidrig, weil sie bei einer schematischen Anwendung zu willkürlichen Ergebnissen führe. Dem trat die Beklagte entgegen und führte aus, bei den warmen Mahlzeiten würde bei fast jedem Gericht Milch verwendet. Das Auftreten von Beschwerden im Einsatz sei zudem nicht nur für den Betroffenen unangenehm, sondern auch dazu geeignet, die Sicherheit und das polizeiliche Ziel eines Einsatzes zu gefährden.

VG: Kläger war polizeidiensttauglich

Die Klage hatte Erfolg. Der Ablehnungsbescheid sei rechtswidrig, der Kläger zum hier maßgeblichen Zeitpunkt polizeidiensttauglich gewesen. Er habe trotz der bei ihm diagnostizierten Laktose- und Fruktosemalabsorption die erforderliche Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit vorweisen können. Sowohl das von ihm vorgelegte Gutachten als auch der vom Gericht im Rahmen einer Beweiserhebung beauftragte Gutachter hätten festgestellt, dass der Kläger bei der Testung der Laktose- und Fruktosemalabsorption keine Bauchschmerzen oder sonstigen Symptome entwickelt habe. Dieser sei vollumfänglich gesund. Eine Laktoseintoleranz liege nicht vor. Nach den Ausführungen des Gutachters besitze der Kläger auch die Fähigkeit, ohne Präparate an Gemeinschaftsverpflegung teilzunehmen. Es gebe täglich mindestens ein Gericht, das keine Laktose enthalte. Es bestünden über den Verzicht auf Milch hinaus auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger eine Diät einhalte, die seine Einsatzfähigkeit beeinträchtige. Zudem hätten keine tatsächlichen Anhaltspunkte bestanden, welche die Annahme gerechtfertigt hätten, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten werde oder der Kläger wegen einer chronischen Erkrankung voraussichtlich regelmäßig erhebliche dem Dienstherrn in der Gesamtheit nicht zumutbare Ausfallzeiten aufweisen werde.

VG Koblenz, Urteil vom 15.06.2022 - 2 K 1313/19.KO

Redaktion beck-aktuell, 5. Juli 2022.