Anordnung der Teilnahme an Aufbauseminar auch nach Ablauf der Probezeit

Die Teilnahme an einem Aufbauseminar für Fahranfänger kann auch nach Ablauf der Probezeit noch angeordnet werden, und zwar auch dann, wenn zwischen dem Verkehrsverstoß und der behördlichen Maßnahme ein längerer Zeitraum liegt, in dem der Betroffene beanstandungsfrei am Straßenverkehr teilgenommen hat. Dies hat das Verwaltungsgericht Koblenz entschieden.

Aufbauseminar erst nach Ablauf der Probezeit angeordnet

Die Klägerin beging als Fahranfängerin noch während ihrer Probezeit zwei schwerwiegende Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr. Im April 2018 überschritt sie die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 24 km/h und im November 2018 um 49 km/h. Die Verkehrsverstöße wurden jeweils mit Bußgeldern und der Eintragung von Punkten im Fahreignungsregister geahndet. Erst nachdem die Probezeit der Klägerin im Herbst 2019 abgelaufen war, ordnete die zuständige Fahrerlaubnisbehörde Anfang 2020 die Teilnahme an einem Aufbauseminar an.

Betroffene: Zweck der Maßnahme nur bei zeitnaher Anordnung erreichbar

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob die Klägerin hiergegen Klage. Sie machte geltend, der mit einem Aufbauseminar verfolgte Zweck, Defizite bei noch jungen Fahrern zu beseitigen, greife nur dann, wenn die Maßnahme zeitnah ergriffen werde. Das sei bei ihr nicht geschehen. Ihre Probezeit sei in der Zwischenzeit abgelaufen und seit ihrem letzten Verkehrsverstoß sei es zu keinen Beanstandungen mehr gekommen.

VG Koblenz: Anordnung der Teilnahme an Aufbauseminar auch nach Probezeit zulässig

Das VG Koblenz folgte dieser Argumentation nicht und wies die Klage ab. Das Gesetz lasse die Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar nach Ablauf der Probezeit ausdrücklich zu. Aus diesem Grund sei sie auch dann noch zulässig, wenn seit der letzten Zuwiderhandlung eine längere beanstandungsfreie Zeit verstrichen sei.

Maximale zeitliche Grenze zwischen Verkehrsverstoß und Anordnung einzuhalten

Sinn und Zweck eines Aufbauseminars, den Fahranfänger zu einem verkehrsordnungsgemäßen Verhalten anzuhalten, und Gründe der Verhältnismäßigkeit erforderten zwar eine maximale zeitliche Grenze für den Zeitraum zwischen der begangenen Zuwiderhandlung und der behördlichen Anordnung.

Zeitliche Grenze für Anordnung hier nicht überschritten

Ob man hierbei pauschal auf einen Zeitraum von zwei Jahren oder auf die Tilgungsreife einer Tat im Fahreignungsregister abstelle, könne aber offenbleiben. Beide Ansichten führten im Fall der Klägerin dazu, dass die behördliche Anordnung rechtmäßig sei. Denn die letzte Zuwiderhandlung habe nur 15 Monate zurückgelegen und auch die Tilgungsreife der im Fahreignungsregister eingetragenen Taten sei noch nicht eingetreten.

VG Koblenz, Urteil vom 14.12.2020 - 4 K 612/20.KO

Redaktion beck-aktuell, 4. Januar 2021.