VG Karlsruhe: Mietwagenunternehmen hat Anspruch auf zehn Genehmigungen für Taxen-Verkehr

Ein Karlsruher Mietwagenunternehmen hat durchgesetzt, dass die Stadt Karlsruhe ihm zehn Genehmigungen für den Verkehr mit Taxen erteilen muss. Anders als die Stadt sah das Verwaltungsgericht Karlsruhe keine Bedrohung für die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes im Fall der Erteilung der Genehmigungen. Es fehlten belastbare Daten zur Nachfrage nach Beförderungsaufträgen. Zudem habe die Stadt ihrer Entscheidung unrichtige Daten zur Ertrags- und Kostenlage zugrunde gelegt. Schließlich habe sie die auffallend geringe Taxendichte in Karlsruhe nicht hinreichend berücksichtigt, heißt es in dem Urteil vom 20.04.2017 (Az.: 3 K 2922/16).

Nachfrage nach Beförderungsaufträgen nicht ausreichend bekannt 

Die Stadt, so das VG weiter, habe nicht nachvollziehbar dargetan, dass die Erteilung weiterer Genehmigungen zu schwerwiegenden Mängeln in der Verkehrsbedienung mit Taxen führen würde. Bei der prognostischen Einschätzung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes habe sie den maßgeblichen Sachverhalt weder vollständig noch zutreffend ermittelt. Nach dem Gesetz sei die Nachfrage nach Beförderungsaufträgen bei der Prognoseentscheidung zu berücksichtigen. Nach den Erhebungen der Stadt sei indessen völlig unklar, in welchem Umfang in den vergangenen Jahren Taxidienstleistungen nachgefragt worden seien. Aus den vorliegenden Daten ließen sich damit auch keine Erkenntnisse für die Prognose gewinnen, wie sich die Nachfrage nach Beförderungsleistungen in Zukunft entwickeln werde.

Unrichtige Daten zu Ertrags- und Kostenlage zugrunde gelegt

Nach dem Gesetz sei bei der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes darüber hinaus die Entwicklung der Ertrags- und Kostenlage unter Einbeziehung der Einsatzzeit zu berücksichtigen. Die Angaben der Bestandsunternehmer zu ihrer wirtschaftlichen Lage habe die Stadt allerdings ungefiltert übernommen und ihrer Prognoseentscheidung damit offenkundig unrichtige Daten zur Ertrags- und Kostenlage zugrunde gelegt. Die Stadt gehe selbst davon aus, dass die von den Taxiunternehmen vorgelegten Zahlen zumindest zum Teil nicht den wirklichen Umsätzen entsprächen und vermute eine systematische Verletzung steuerrechtlicher und sozialversicherungsrechtlicher Pflichten nicht weniger Unternehmen. Trotzdem habe sie diese Daten bei ihrer Beurteilung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes herangezogen, ohne sie, wie rechtlich geboten, einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen.

Geringe Taxendichte zu Unrecht außer Acht gelassen

Entgegen dem Gesetz habe die Stadt zudem die im Vergleich mit anderen Städten auffallend geringe Taxendichte in Karlsruhe nicht hinreichend berücksichtigt. Die vorliegenden Zahlen sprächen dafür, dass das Taxengewerbe in Karlsruhe auch bei Erteilung weiterer Genehmigungen nicht in seiner Funktionsfähigkeit bedroht sei. Dagegen spreche auch, dass es jedenfalls seit 2009 im Stadtbezirk keine echten Geschäftsaufgaben gegeben habe.

Mangels ersichtlicher Gefährdung Genehmigungen zu erteilen

Bei dieser Sachlage habe die Klägerin Anspruch auf Erteilung der beantragten Genehmigungen. Denn den vorhandenen Daten könne nicht entnommen werden, dass eine infolgedessen eintretende Erhöhung der Zahl der erteilten Genehmigungen die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes offensichtlich beeinträchtigen würde.

Stadt kann in Berufung gehen

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Stadt Karlsruhe kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim die Zulassung der Berufung beantragen.

VG Karlsruhe, Urteil vom 20.04.2017 - 3 K 2922/16

Redaktion beck-aktuell, 19. Juni 2017.

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