Polizist wegen Identifikation mit Reichsbürgerbewegung aus Dienst entfernt

Ein Polizeibeamter, der der Reichsbürgerbewegung angehört und öffentlich Verschwörungstheorien verbreitet, ist aus dem Dienst zu entfernen. Dies hat das Verwaltungsgericht Hannover entschieden und damit der Disziplinarklage der Polizeidirektion Hannover gegen einen 58-jährigen Polizeibeamten im Range eines Kriminalhauptkommissars stattgegeben. Das Urteil vom 28.04.2022 (Az.: 18 A 3735/21) ist noch nicht rechtskräftig.

Für Reichbürgerszene typisches Verhalten gezeigt

Dem Polizeibeamten sei vorzuwerfen, der sogenannten Reichsbürgerbewegung anzugehören und auf verschiedenen öffentlichen Veranstaltungen unter anderem der "Querdenkerszene" Verschwörungstheorien verbreitet sowie staatliche Institutionen und deren Organe verunglimpft zu haben. So habe der Beamte ohne hinreichenden Anlass einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragt, in dem entsprechenden Antragsformular in dem Formularfeld "Geburtsstaat" Preußen angegeben und seinen Bundespersonalausweis mit dem Hinweis abgegeben, dass dieser nicht mehr benötigt werde. Für dieses für die Reichbürgerszene typische Verhalten habe der Beklagte der Disziplinarkammer keine nachvollziehbaren Gründe nennen können. Der Beamte habe damit die Legitimation der Bundesrepublik und seiner föderalen Gliederungen, also des Staates, zu dessen Verfassungsordnung er sich nach den Vorschriften des Beamtenrechts bekennen und für den er der eintreten soll, nicht vorbehaltlos anerkannt, sondern in Zweifel gezogen, so das VG. Auch verschiedene öffentliche Äußerungen des Beamten, in denen er darüber räsoniert, ob er Staatenloser sei, entsprechen nach Ansicht des Gerichts dem reichsbürgertypischen Argumentationsmuster.

Verschwörungstheorien verbreitet und staatliche Institutionen verunglimpft

Auch die Vorwürfe, dass der Beamte Verschwörungstheorien verbreitet und staatliche Institutionen und Organe verunglimpft hat, hätten sich zur Überzeugung des Gerichts als zutreffend erwiesen. Das VG Hannover bezog sich dabei unter anderem auf die in öffentlichen Redebeiträgen enthaltenen Ausführungen zu geheimen Umsturzplänen und Militäroperationen und auf die in der umfangreichen Disziplinarklageschrift und den beigezogenen Akten dokumentierten Andeutungen des Beamten, beispielsweise, dass unter dem Flughafen in Berlin und dem Bahnhof in Stuttgart Bunker errichtet werden, in denen sich Migranten aufhalten, die darauf vorbereitet werden, gegen das deutsche Volk aufzubegehren. Dies gelte auch, soweit der Beamte das staatliche Handeln im Zusammenhang mit Corona-Maßnahmen in eine Reihe mit dem Handeln des Naziregimes gestellt und Parallelen der heutigen Polizei zu SS, SA und SD angedeutet oder Polizeibeamte im Dienst als Söldner ohne staatliche Eingriffsbefugnisse diskreditiert hat.

Trotz 40-jähriger beanstandungsfreier Tätigkeit aus Dienst zu entfernen

Der Beamte habe damit gegen seine Treuepflicht, gegen das Mäßigungs- und Zurückhaltungsverbot und gegen die Wohlverhaltenspflicht verstoßen und ein schweres Dienstvergehen begangen, so das VG Hannover. Das Gericht hat dies als im Wesentlichen außerdienstliches, in Teilbereichen auch innerdienstliches Dienstvergehen bewertet, welches auch unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit des Beklagten nicht mehr hinnehmbar sei und das zu einer endgültigen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zu seinem Dienstherrn geführt hat. Auch wenn das dienstliche Verhalten des Beamten in seiner über 40-jährigen Tätigkeit im Polizeidienst des Landes Niedersachsen keinen Grund zur Beanstandung gegeben hat, sei die schwerste Disziplinarmaßnahme zu verhängen, so das VG. Es hat den Beamten aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

Redaktion beck-aktuell, 29. April 2022.