VG Hannover: Polizei muss über Bewerbung eines HIV-Infizierten neu entscheiden

Die Einstellung als Polizeikommissar-Anwärter darf nicht wegen einer HIV-Infektion abgelehnt werden, die mehrjährig und erfolgreich therapiert wurde. Das Verwaltungsgericht Hannover hat deshalb mit Urteil vom 18.07.2019 die beklagte Polizeiakademie Niedersachsen verpflichtet, über die Bewerbung des Klägers neu zu entscheiden (Az.: 13 A 2059/17).

Einschätzung gilt nicht allgemein für HIV-Infizierte

Infolge der Therapie mit antiretroviraler Medikation liegt bei dem Kläger die Viruslast ständig unter der Nachweisgrenze. Das Gericht hat zu der Frage, ob diese Infektion zur Polizeidienstuntauglichkeit führt, ein Sachverständigengutachten eines unter anderem im Bereich der Immunologie forschenden Professors der Medizinischen Hochschule Hannover eingeholt. Die Kammer ist der Auffassung des Sachverständigen gefolgt, dass bei dem Kläger weder eine vorzeitige Dienstunfähigkeit drohe noch ein Risiko bestehe, dass er Kollegen oder Bürger anstecken könnte. Sie hat dabei hervorgehoben, dass ihre Einschätzung nicht allgemein für HIV-Infizierte Geltung beansprucht, sondern sich auf die gesundheitliche Situation des effektiv therapierten Klägers bezieht. Da der Kläger das Auswahlverfahren für den Polizeidienst noch gar nicht durchlaufen hatte, konnte er nicht mit Erfolg seine Einstellung als Polizeikommissar-Anwärter beanspruchen, sondern nur eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Frage der Polizeidiensttauglichkeit.

Gericht geht nicht von Diskriminierung aus

Schadensersatz oder Entschädigung wegen Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz hat die Kammer dem Kläger hingegen nicht zugesprochen, weil nach ihrer Auffassung schon die Frist von zwei Monaten für die Geltendmachung solcher Ansprüche nach Ablehnung der Bewerbung nicht eingehalten wurde. Das Gericht hat gleichwohl angemerkt, dass es auch in der Sache nicht von einer Diskriminierung des Klägers ausgeht, weil seine Polizeidiensttauglichkeit erst infolge des vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens fundiert bewertet werden konnte. Die Kammer hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Berufung zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zugelassen. Dies hatten die Beteiligten auch jeweils für den Fall des Unterliegens ausdrücklich beantragt.

VG Hannover, Urteil vom 18.07.2019 - 13 A 2059/17

Redaktion beck-aktuell, 19. Juli 2019.

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