Stadt verdächtigte HAZ der illegalen Informationsbeschaffung
Konkret ging es um Pressemitteilungen vom 13. und 16.08.2018. In der Mitteilung vom 13.08.2018 hatte sich die Landeshauptstadt unter anderem dahingehend geäußert, "die HAZ stehe auf Basis ihrer Presseanfrage vom gleichen Tag im Verdacht, mit illegal beschafften Informationen die Unschuldsvermutung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen Oberbürgermeister Schostok zu unterlaufen, ferner, dass ein Redakteur der HAZ sich mutmaßlich illegal Zugang zu Akten aus dem Ermittlungsverfahren gegen Oberbürgermeister Schostok verschafft habe." Darüber hinaus zitierte die Pressemitteilung den Oberbürgermeister Schostok dazu wie folgt: "Es besteht der Verdacht, dass unter dem Deckmantel der Pressefreiheit mit aus dem Zusammenhang gerissenen angeblichen Enthüllungen gezielt die Unschuldsvermutung unterlaufen werden soll". Nachdem in der HAZ am 16.08.2018 ein Zeitungsartikel erschienen war, welcher ein der dienstlichen Geheimhaltung unterliegendes Zwischenfazit der Ermittler indirekt wiedergab, bekräftigte die Landeshauptstadt Hannover diese Verdachtsmomente in einer weiteren Pressemitteilung vom 16.08.2018.
VG: Recht auf Presse- und Meinungsfreiheit verletzt
Das VG Hannover stellte fest, die angegriffenen Äußerungen verletzten die Antragsteller insbesondere in ihrem Recht auf Presse- und Meinungsfreiheit. Das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz erlaube es dem in demokratischer Wahl legitimierten Oberbürgermeister zwar, die Einwohner per Pressemitteilung in geeigneter Weise über wichtige Angelegenheiten der Landeshauptstadt zu informieren. Zu dieser kommunalen Äußerungsbefugnis gehöre auch das Recht, gegen die eigene Politik erhobene Vorwürfe aufzugreifen, nach eigener Einschätzung fehlerhafte Tatsachenbehauptungen richtigzustellen und als unsachlich empfundene Angriffe zurückzuweisen, notfalls auch mit deutlichen Worten.
Kein Recht auf unsachliche Reaktion auf als unsachlich empfundenen Angriff
Allerdings stehe der Landeshauptstadt nicht das Recht zu, auf einen als unsachlich empfundenen Angriff ihrerseits unsachlich zu reagieren, so das VG weiter. Vielmehr müsse sie die allgemeinen rechtlichen Anforderungen an grundrechtsbeeinträchtigende hoheitliche Äußerungen beachten, das heißt das Sachlichkeitsgebot und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Der Grundsatz der Staatsferne der Presse verpflichte sie in diesem Zusammenhang dazu, besondere Zurückhaltung bei der Kommentierung von Presseberichten zu üben, um eine direkte oder indirekte Einflussnahme auf die Berichterstattung zu vermeiden. Sofern die Stadt Verdachtsmomente äußere, müssten diesen eine sachgerecht ermittelte Tatsachengrundlage zugrunde liegen.
Verdachtsäußerung gegen Journalisten unzulässig
Der bloße Umstand, dass eine Zeitung Erkenntnisse der Ermittlungsbehörden veröffentlicht, welche unter Verstoß gegen Geheimhaltungsvorschriften nach außen gelangt sind, berechtige die Landeshauptstadt insbesondere nicht zu der öffentlichen Äußerung des Verdachts, der verantwortliche Journalist habe an dem vorherigen Rechtsverstoß eines Amtsträgers mitgewirkt, heißt es in der Entscheidung weiter. Als sachlich und verhältnismäßig formuliertes Werturteil sah das Gericht hingegen den angegriffenen Passus von Oberbürgermeister Schostok in der Pressemitteilung an, der wie folgt lautet: "Die neuerliche Skandalisierung überschreitet unserer Meinung nach die Grenzen zulässiger Verdachtsberichterstattung“.