Konkurrentenstreitverfahren: Universität durfte Akten ungeschwärzt herausgeben

Die Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover durfte im Rahmen eines Konkurrentenstreitverfahrens alle das Auswahlverfahren betreffenden Unterlagen ungeschwärzt an das in dem Verfahren zuständige Gericht übersenden. Dies hat das Verwaltungsgericht Hannover entschieden. Damit war die Klage der Universität gegen eine datenschutzrechtliche Verwarnung der Landesbeauftragten für Datenschutz (LfD) erfolgreich.

Unterlagen wegen Streits um Stellenbesetzung übersandt

In dem in der Vergangenheit vor dem VG Hannover gegen die Universität geführten Konkurrentenstreitverfahren hatte der damalige Antragsteller gerügt, dass er im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens nicht ausgewählt worden war. Das VG hatte von der Universität die Unterlagen ihres Auswahlvorgangs angefordert und diese sodann antragsgemäß dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zur Akteneinsicht übersandt. Auf diesem Wege hatte der Antragsteller Kenntnis von den Bewerbungsunterlagen seiner Mitkonkurrenten erlangt und diese hierüber informiert.

LfD sieht Datenschutzverstoß der Universität

Eine seiner Mitbewerberinnen beschwerte sich deswegen bei der beklagten LfD, die dies zum Anlass nahm, ein datenschutzrechtliches Kontrollverfahren gegen die Universität einzuleiten. Ergebnis dieses Verfahrens war die streitgegenständliche Verwarnung, die die Beklagte damit begründete, die Universität habe sich nicht datenschutzrechtkonform verhalten. Vor Übersendung ihres Auswahlvorgangs an das Gericht hätte dieser dahingehend überprüft werden müssen, ob wirklich alle in ihm enthaltenen Unterlagen entscheidungserheblich gewesen seien. Aktenbestandteile, welche die Konkurrenten betreffen, hätten entfernt, geschwärzt oder aber zumindest pseudonymisiert werden müssen.

VG: Universität traf Pflicht zu Herausgabe ungeschwärzten Vorgangs

Dieser Argumentation ist das VG nicht gefolgt. Die Voraussetzungen einer datenschutzrechtlichen Verwarnung gemäß Art. 58 Abs. 2 Buchst. b DS-GVO lagen seiner Ansicht nach nicht vor. Die Klägerin habe durch die Übersendung ihres Vorgangs zum Auswahlverfahren gegen keine datenschutzrechtlichen Bestimmungen verstoßen. Vielmehr sei sie zur Übersendung ihres gesamten ungeschwärzten Vorgangs gemäß § 99 Abs. 1 VwGO verpflichtet gewesen, nachdem das Gericht sie hierzu aufgefordert hatte.

Unterlagen grundsätzlich im Original zu übermitteln

Gegenstand der Vorlage- und Auskunftspflicht im Sinne dieser Vorschrift seien alle Unterlagen, deren Inhalt für die gerichtliche Entscheidung relevant seien; sie seien grundsätzlich jeweils im Original zu übermitteln. Eine Ausnahme hiervon sei lediglich möglich, wenn die offenzulegenden Informationen ihrem Wesen nach geheimhaltungsbedürftig seien.

Sichtung des gesamten Auswahlvorgangs erforderlich

Die Relevanz des gesamten Vorgangs sei vorliegend gegeben, weil der anzulegende Bewertungsmaßstab des VG in einem Konkurrentenstreitverfahren insofern nicht allein sei, ob der Kläger im Konkurrentenstreitverfahren gegenüber der ausgewählten Person vorzuziehen gewesen wäre. Vielmehr sei auch die Ordnungsmäßigkeit des Auswahlverfahrens insgesamt zu prüfen. Hierfür sei ein Sichtung des Auswahlvorgangs, der hier alle sonstigen Bewerberinnen und Bewerber samt ihrer Bewerbungsunterlagen umfasst habe, erforderlich.

Informationen ihrem Wesen nach nicht geheimhaltungsbedürftig

Bei dem Auswahlvorgang habe es sich schließlich auch nicht um Informationen gehandelt, die ihrem Wesen nach geheimhaltungsbedürftig gewesen seien und deren Vorlage die Klägerin deswegen nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO hätte verweigern können. Bei den übersandten Dokumenten habe es sich gerade nicht um die Personalakten der jeweiligen Mitbewerberinnen und Mitbewerber gehandelt, sondern lediglich um den Auswahlvorgang, der die entsprechenden Bewerbungsunterlagen beinhaltet habe.

Auch keine besonders sensiblen Daten betroffen

Es handele sich bei den hier offengelegten Informationen auch nicht um besonders sensible Daten, so das VG weiter. Zudem müsse den Bewerberinnen und Bewerbern bewusst sein, dass diese Unterlagen von einem gewissen Personenkreis, der im Fall eines Konkurrentenstreitverfahrens gegebenenfalls größer werden könne, zur Kenntnis genommen werden.

VG Hannover, Urteil vom 20.02.2023 - 10 A 1101/22

Redaktion beck-aktuell, 22. Februar 2023.