VG Hannover entscheidet über Haftung für Ölteppich auf Wasser eines Kanals

Die Bundesrepublik Deutschland muss knapp 15.000 Euro für einen Einsatz der Feuerwehr Hannover auf dem Mittellandkanal zur Beseitigung eines Ölteppichs zahlen. Dies hat das Verwaltungsgericht Hannover entschieden. Die Bundesrepublik hafte als Zustandsstörerin, da sie als Eigentümerin des Gewässerbettes des Mittellandkanals auch Inhaberin der tatsächlichen Gewalt über das Wasser sei. Das VG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Berufung zugelassen.

Streit um Feuerwehrkosten für Einsatz auf Mittelandkanal

Im Oktober 2016 beobachtete eine Passantin einen sich ausbreitenden Ölteppich auf dem Mittellandkanal auf Höhe der Kanalbrücke an der Hannoverschen Straße in Hannover und alarmierte die Feuerwehr der Beklagten. Diese rückte mit über dreißig Feuerwehrleuten und vier Einsatzleitwagen, vier Hilfeleistungs- und Löschfahrzeugen, einem Lastkraftwagen und einem Gerätewagen mit Mehrzweckboot zum Einsatzort aus. Dort stellten die Feuerwehrkräfte fest, dass sich der Ölteppich bereits auf circa 200 Metern zwischen der Kanalbrücke und dem Misburger-Stichkanal ausgebreitet hatte. Die Feuerwehr schöpfte das Ölgemisch ab und entsorgte es anschließend. Nach etwas mehr als dreieinhalb Stunden konnte der Einsatz abgeschlossen werden. Die Beklagte stellte der Klägerin, der Bundesrepublik Deutschland, die Einsatzkosten in Höhe von 14.890,55 Euro in Rechnung und begründete dies damit, dass es sich bei dem Mittelandkanal um eine Bundeswasserstraße handele und die Klägerin deshalb als Eigentümerin und Zustandsstörerin für die Einsatzkosten hafte. Die Klägerin wandte sich gegen diesen Bescheid und machte geltend, dass nach § 4 Abs. 2 des WHG ein Fließgewässer nicht eigentumsfähig sei und der Bund folglich nicht als Eigentümer des verunreinigten Wassers für dessen Zustand verantwortlich sein könne. In Ermangelung der tatsächlichen Sachherrschaft des Bundes über das Gewässer könne auch aus dieser keine Zustandsverantwortlichkeit hergeleitet werden.

VG: Bundesrepublik Deutschland haftet als Zustandsstörerin

Das VG hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei als Zustandsstörerin nach § 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NBrandSchG in der zum Zeitpunkt des Einsatzes gültigen Fassung kostenverantwortlich. Zwar stehe das im Mittellandkanal fließende Wasser, die sogenannte fließende Welle, und damit auch das mit diesem vermischte Öl nach § 4 Abs. 2 WHG nicht im Eigentum des Bundes. Die Klägerin sei aber Eigentümerin des Gewässerbettes des Mittellandkanals nach § 4 Abs. 1 Satz 1 WHG und deshalb als Inhaberin der tatsächlichen Sachherrschaft über das im Gewässerbett fließende und damit auch über das verunreinigte Wasser anzusehen. Sie stehe in einer besonderen Nähebeziehung zur "fließenden Welle", die für die Zustandsverantwortlichkeit konstitutiv sei. Dass der Eigentümer eines fließenden Gewässers in der Regel auch Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das Wasser sei, setze der novellierte § 4 Abs. 2 WHG voraus. Aus diesem Grund könnten der Klägerin die Einsatzkosten in voller Höhe in Rechnung gestellt werden.

VG Hannover, Urteil vom 12.01.2022 - 10 A 2803/19

Redaktion beck-aktuell, 18. Januar 2022.