Absper­rung und Unter­sa­gung von G20-Pro­test­camp waren rechts­widrig

Die Hamburger Polizei hätte im Rahmen des G20-Gipfels 2017 auf der Elbinsel Entenwerder weder zeitweilig den Zugang zur Elbinsel für Teilnehmende eines Protestcamps absperren noch die Errichtung des Protestcamps mit Schlafzelten, Duschen und Küchen untersagen dürfen. Das hat das Verwaltungsgericht Hamburg festgestellt. Das angemeldete und gerichtlich genehmigte Camp sei größtenteils unter den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit gefallen.

Versammlungsbehörde lehnt Veranstaltung im Hamburger Stadtpark ab

Der Kläger plante anlässlich des G20-Gipfeltreffens eine Veranstaltung in Form eines Protestcamps, die zunächst auf dem Gelände des Hamburger Stadtparks stattfinden sollte. Er meldete die geplante Veranstaltung als Versammlung bei der Versammlungsbehörde an. Vorgesehen war eine Dauerveranstaltung mit einer eigenen Infrastruktur, die unter anderem Küchen, Waschmöglichkeiten und Zelte für Übernachtungen vorsah. Die Versammlungsbehörde vertrat jedoch die Auffassung, dass die Veranstaltung jedenfalls in ihrer Gesamtheit nicht dem Versammlungsrecht unterfalle und lehnte die Erteilung einer Genehmigung für die Nutzung des Stadtparks ab.

VG Hamburg genehmigte Camp auf Elbinsel Entenwerder

In der Folge war das Protestcamp Gegenstand mehrerer gerichtlicher Eilentscheidungen, bis schließlich das Bundesverfassungsgericht die Stadt verpflichtete über die Duldung der Veranstaltung auf der Grundlage des Versammlungsrechts neu zu entscheiden. Der Kläger meldete daraufhin hilfsweise an, das Protestcamp mit bis zu 5.000 Personen auf der Elbinsel Entenwerder durchzuführen. Als Infrastruktur waren unter anderem mobile Toiletten, Waschmöglichkeiten, Küchen und bis zu 1.500 kleine Schlafzelte vorgesehen. Die Hansestadt bestätigte dem Kläger die Anmeldung, verfügte jedoch eine Reihe von Beschränkungen und untersagte eine Durchführung des Camps im Elbpark Entenwerder. Ein daraufhin im Hinblick auf die Durchführung des Protestcamps durchgeführtes Eilverfahren war vor dem Verwaltungsgericht teilweise erfolgreich. Das Verwaltungsgericht stellte klar, dass es dem Kläger nach dieser Entscheidung vorläufig erlaubt sei, das Protestcamp im Elbpark Entenwerder nach Maßgabe seiner Anmeldung zu errichten.

Polizei riegelte Elbinsel dennoch ab

Trotz der gerichtlichen Entscheidung riegelte die Hamburger Polizei im Juli 2017 den Zugang zur Halbinsel Entenwerder mit Fahrzeugen und einer Vielzahl von Einsatzkräften ab und untersagte dem Kläger die Errichtung des Camps. Auch nachdem die Versammlungsbehörde den Elbpark als Versammlungsort bestätigte - allerdings ohne Schlafzelte, Duschen und Küchen -, hob die Polizei die Absperrung zunächst nicht auf.  Erst gegen 20:30 Uhr wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Zutritt auf das Gelände ermöglicht, die neben den Veranstaltungszelten zum Teil auch Schlafzelte aufstellten. Diese wurden von der Polizei teils durch Zwang entfernt. Ein zuvor bereits erhobener Eilantrag gegen die Verfügung der Versammlungsbehörde blieb vor dem Verwaltungsgericht zunächst ohne Erfolg. Auf die Beschwerde des Klägers änderte das Hamburgische Oberverwaltungsgericht den Beschluss des Verwaltungsgerichts jedoch dahingehend ab, dass auch bis zu 300 Schlafzelte sowie Waschgelegenheiten und eine Küche aufgebaut werden dürfen. Zu einer Errichtung des Camps kam es in der Folge aber nicht mehr.

VG stellt Rechtswidrigkeit der Absperrung fest

Auf die Klage des Klägers hat das Verwaltungsgericht in seiner nunmehr bekannt gegebenen Entscheidung festgestellt, dass die Absperrung des Zugangs zur Entenwerder Halbinsel rechtswidrig war. Auch darüber hinaus war die Klage teilweise erfolgreich. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts stellte das angemeldete Protestcamp (jedenfalls in erheblichen Teilen) eine Versammlung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 GG dar. Vor diesem Hintergrund sei die nicht näher eingegrenzte, insbesondere nicht zeitlich klar befristete Verfügung, mit der die Errichtung des Protestcamps zunächst untersagt wurde, ebenso wie die im Rahmen der späteren Verfügung erfolgte vollständige Untersagung des Aufstellens von Schlafzelten, Duschen und Küchen rechtswidrig gewesen. Gegen die Entscheidung können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung zum Hamburgischen Oberverwaltungsgericht einlegen.

VG Hamburg, Urteil vom 04.05.2022 - 21 K 264/18

Miriam Montag, Redaktion beck-aktuell, 6. Mai 2022.