Eigentümer dürfen weiterhin nicht in ihre Zweitwohnung auf Usedom

Wer eine Zweitwohnung im Landkreis Vorpommern-Greifswald besitzt, darf ohne berufliche Gründe weiterhin nicht in das Kreisgebiet einreisen, um diese zu nutzen. Das Verwaltungsgericht Greifswald hat das vom Landrat erlassene Einreiseverbot in einem Eilverfahren angesichts noch hoher Corona-Zahlen für verhältnismäßig erachtet und bestätigt.

Berliner mit Zweitwohnung auf Usedom begehrte Eilrechtsschutz

Der Landrat des Landkreises Vorpommern-Greifswald hat wegen Überschreitung des lnzidenzwertes von 150 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von 7 Tagen per Allgemeinverfügung die Einreise in das Kreisgebiet ohne triftigen Grund verboten. Der Besuch der Zweitwohnung aus nicht beruflichen Gründen ist nach der getroffenen Regelung explizit kein triftiger Grund. Das Verbot gilt unbefristet seit dem 09.02.2021. Für eine Übergangsfrist von 10 Tagen dürfen Zweitwohnungen noch aus nicht beruflichen Gründen aufgesucht werden. Der Antragsteller, der seinen Erstwohnsitz in Berlin hat, ist Eigentümer einer Wohnung im Seebad Ahlbeck auf Usedom, die er auch als Zweitwohnung nutzt. Er legte gegen das Verbot Widerspruch ein und begehrte Eilrechtsschutz.

VG: Einreiseverbot dient Corona-Eindämmung

Das VG hat den Eilantrag abgelehnt. Die Allgemeinverfügung sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtmäßig. Nach der Änderung der Corona-Verordnung des Landes Mecklenburg-Vorpommern Anfang Februar 2021 seien die Landkreise und kreisfreien Städte nunmehr befugt, ein solches Verbot zu erlassen. Das VG erachtet das Einreiseverbot auch für verhältnismäßig. Es diene dem legitimen Ziel, die Zahl der Neuinfektionen deutlich zu reduzieren, die weitere Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus zu verhindern und der Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems. Es führe zu Kontaktbeschränkungen und beuge damit der abstrakten Gefahr vor, noch nicht festgestellte Infektionen an einen anderen Ort zu tragen und das Virus dort zu verbreiten.

Einreiseverbot angesichts hoher Infektionszahlen im Kreis erforderlich

Das Einreiseverbot sei auch in der Sache erforderlich. Ein Zuwarten, bis das Infektionsgeschehen - auch im Hinblick auf die nach derzeitiger Erkenntnis noch wesentlich ansteckenderen Mutationen - vor Ort derart eskaliere, dass noch drastischere Maßnahmen wie zum Beispiel eine Ausgangssperre ergriffen werden müssten, sei nicht angezeigt. Vor dem Hintergrund, dass innerhalb eines Zeitraumes von etwa sechs Wochen im Landkreisgebiet gleichbleibend hohe Infektionszahlen verzeichnet worden seien, sei das Einreiseverbot zumindest als "Schritt in die richtige Richtung" zu betrachten. Es sei nicht offensichtlich, dass sich die hohen Inzidenzwerte im Landkreis Vorpommern-Greifswald aufgrund lokal begrenzter Corona-Ausbrüche (in Pflegeheimen) ergäben. Es bestehe derzeit vielmehr eine nicht auf bestimmte Personengruppen oder Örtlichkeiten begrenzte, sondern eine über das Landkreisgebiet verteilte diffuse Infektionslage.

Gesundheitsschutz überwiegt

Das angeordnete Einreiseverbot bilde in der Gesamtschau mit den anderen Maßnahmen, wie zum Beispiel der Schließung der Schulen und Kindertagesstätten, ein Maßnahmenbündel, bei dem nicht jede Einzelmaßnahme unmittelbar hinsichtlich ihrer quantitativen Auswirkungen auf die Senkung des Infektionsgeschehens überprüft werden könne. Es sei die Gesamtwirkung aller Maßnahmen in den Blick zu nehmen. Dementsprechend dürften die Anforderungen an die Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit im engeren Sinne bei jeder Einzelmaßnahme nicht überhöht werden. Gegenüber den Gefahren für Leib und Leben, auch im Hinblick auf eine mögliche Überlastung des Gesundheitssystems, wiege die Einschränkung der persönlichen Freiheit sowie der Freiheit zur Nutzung des Eigentums weniger schwer. Dies gelte insbesondere, weil die Allgemeinverfügung zwar nicht konkret zeitlich befristet sei, jedoch zumindest auf das Vorliegen eines entsprechenden Inzidenz-Grenzwertes begrenzt sei und sich die Erreichung dieses Grenzwertes bei Einhaltung der aktuellen Corona-Maßnahmen zeitnah einstellen dürfte.

VG Greifswald, Beschluss vom 18.02.2021 - 4 B 283/21

Redaktion beck-aktuell, 19. Februar 2021.