VG Göttingen bestätigt Schließung von Verbundspielhallen

Die Klagen mehrerer Spielhallenunternehmen gegen die Stadt Göttingen auf Fortführung ihrer Betriebe, auch soweit sie nicht mehr als 100 Meter auseinander gelegen sind, bleiben erfolglos. Das Verwaltungsgericht Göttingen hat diese am 25.08.2017 zurückgewiesen und entsprechende Eilanträge abgelehnt. Nach Auffassung des Gerichts durfte die Stadt Göttingen auch durch Los entscheiden, welches Unternehmen weitergeführt werden darf. Die zum selben Unternehmensverbund gehörenden Unternehmen betreiben in einem Göttinger Einkaufszentrum fünf "Verbundspielhallen" (Az.: 1 A 88/17 und andere).

Rechtslage für Spielhallen verschärft

Hintergrund der Rechtsstreitigkeiten ist eine Verschärfung der Rechtslage für Spielhallen im Jahr 2012 durch den Glücksspielstaatsvertrag. Ziel der Neuregelung ist es, das Angebot von Spielhallen an einem Ort zu begrenzen und so wirksamer als bisher die Spielsucht zu bekämpfen. Die Erteilung einer Erlaubnis für eine Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex untergebracht ist, ist ausgeschlossen. Spielhallen müssen in Niedersachsen grundsätzlich einen Mindestabstand von 100 Metern einhalten. Spielhallen, denen bis zum 28.10.2011 eine Erlaubnis erteilt worden ist, deren Geltungsdauer nicht vorher auslief, durften bis zum 30.06.2017 ohne weitere Erlaubnis betrieben werden. Für die Zeit danach begehrten die Klägerinnen eine Fortführung ihrer Betriebe, auch soweit sie nicht mehr als 100 Meter auseinander gelegen sind. Die beklagte Stadt Göttingen hat stattdessen durch Los entschieden, welches Unternehmen bestehen bleiben darf und welches schließen muss. Den nicht ausgewählten Unternehmen hat sie eine weitere Erlaubnis nicht erteilt.

Kläger verwiesen auf getroffene Vermögensdispositionen

Hiergegen haben diese Unternehmen Klage erhoben und Eilanträge gestellt. Landesweit sind zahlreiche derartige Verfahren bei allen niedersächsischen Verwaltungsgerichten anhängig. Mit ihren Klagen und Eilanträgen wollen die Unternehmen ihren Betrieb über den 30.06.2017 hinaus sicherstellen. Sie berufen sich zum einen darauf, dass eine Entscheidung per Los rechtswidrig ist, weil sie Qualitätsaspekte nicht berücksichtigt. Sie berufen sich hilfsweise auf eine Härtefallregelung im Gesetz, die den Weiterbetrieb für eine angemessene Zeit erlauben würde. Insbesondere bliebe unbeachtet, dass sie im Vertrauen auf den Fortbestand ihrer Erlaubnisse Vermögensdispositionen getroffen haben.

VG: Losverfahren nicht zu beanstanden

Das Gericht hat diese Begehren jetzt abgewiesen. Im Anschluss an einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 07.03.2017 hielt es die neuen Glücksspielregelungen für verfassungsgemäß. Auch eine Entscheidung aufgrund eines Losverfahrens sei rechtmäßig. Andere Differenzierungskriterien seien bei Spielhallen, die zu einem Unternehmensverbund gehörten, nicht erkennbar. Die Unternehmen hätten dementsprechend auch identische Antragsunterlagen eingereicht. Bei einer solchen Ausgangslage müsse die Behörde keine Sachkriterien aus der Luft greifen, sondern könne die Unternehmen auffordern, Unterscheidungskriterien für eine Auswahl zu benennen. Dies habe die Behörde getan und keine Antwort erhalten.

Kein Härtefall: Übergangsfrist nicht genutzt

Schließlich könnten sich die Klägerinnen nicht auf die gesetzliche Härtefallvorschrift berufen. Sie hätten nichts dazu beigetragen, eine unbillige, also verfassungswidrige Härte abzuwenden, die für sie aus dem Ende ihres Betriebsmodells ab dem 01.07.2017 folge. Die Unternehmen hätten namentlich die gesetzliche Übergangsfrist von fünf Jahren für den vom Gesetz geforderten Rückbau des Spielhallenverbunds auf eine einzige Spielhalle an dem Standort in Göttingen nicht genutzt, sondern die Spielhallen uneingeschränkt weiterbetrieben.

Anhängige Verfassungsbeschwerde macht Gesetz nicht "schwebend unwirksam"

Sie könnten sich auch nicht darauf berufen, dass das BVerfG erst im März 2017 über Verfassungsbeschwerden von Spielhallenbetreibern aus anderen Ländern gegen die Neuregelungen entschieden habe. Sie hätten sich gleichwohl seit dem Inkrafttreten der Neuregelungen Mitte 2012 auf den Rückbau der Spielhallen einstellen müssen. Allein wegen einer anhängigen Verfassungsbeschwerde sei ein Gesetz nicht "schwebend unwirksam". Die Bemühungen um die Entwicklung von neuen Geschäftsfeldern wie Sonnenstudios, Bowlingbahnen oder Lasertec-Stadien seien ebenfalls rechtlich unbeachtlich. Ziel dieser Bemühungen sei es, die bestehenden Flächen wirtschaftlich ertragreich weiter zu nutzen. Dass diese Bemühungen keine angemessenen Früchte getragen hätten, sei rechtlich unbeachtlich. Denn ihr Ziel sei es nicht, die Vorgaben des Gesetzes umzusetzen, sondern andere Wirtschaftszweige zu erschließen. Weil die Unternehmen die Übergangsfrist nicht genutzt hätten, könnten sie aus den wirtschaftlichen Nachteilen, die sie nun träfen, keine rechtlichen Vorteile ziehen.

VG Göttingen, Entscheidung vom 25.08.2017 - 1 A 88/17

Redaktion beck-aktuell, 28. August 2017.

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