Wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Kein Asyl für afghanischen Ex-Geheimdienstoffizier

Ein afghanischer Asylbewerber ist mit seiner Asylklage vor dem VG Göttingen gescheitert. Zum Verhängnis wurde ihm seine langjährige Tätigkeit als Mitarbeiter des afghanischen Geheimdienstes, der für seine Grausamkeiten und Verbrechen gegen die Menschlichkeit bekannt war.

Der heute 55-Jährige, der 2015 mit Ehefrau und Kindern nach Deutschland eingereist war, hatte die Anerkennung als Flüchtling und subsidiären Schutz begehrt. Das Verwaltungsgericht Göttingen wies seine Klage ab und verwies dazu auf die gesetzlichen Ausschlussgründe gemäß § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 2 AsylG wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Urteil vom 16.11.2023 4 A 161/18, nicht rechtskräftig).

Afghanistan sei, so die 4. Kammer, in der Zeit von 1978 bis 1992 eine Diktatur gewesen, in der die kommunistische Partei DVPA mit eiserner Hand regiert habe. Die Sicherheitsdienste der Regierungspartei hätten eine entscheidende Rolle für das Überleben des Regimes gespielt. Die zahlreichen vorsätzlichen Tötungen, Folterungen und Vergewaltigungen, die der afghanische Geheimdienst zwischen 1980 und dem Sturz des Regimes 1992 begangen habe, seien solche Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Es sei deshalb die Annahme gerechtfertigt, dass der Kläger während seiner beruflichen Tätigkeit als Offizier des Geheimdienstes einen Tatbeitrag dazu geleistet habe, so die Kammer weiter. Mit dem vorliegenden Erkenntnismaterial sei davon auszugehen, dass vermutlich alle Unteroffiziere und Offiziere persönlich an Verhaftungen, Verhören, Folter und sogar der Hinrichtung von Verdächtigten beteiligt gewesen seien.

Karriere bei Geheimdienst spricht für Beteiligung an Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Auch die Einlassung des Afghanen, der bestritt, während seiner Zeit beim afghanischen Geheimdienst jemals an einer Menschenrechtsverletzung beteiligt gewesen zu sein, wertete das Gericht nur als unglaubhafte Schutzbehauptung. Jedenfalls sei ihm während seiner Dienstzeit bekannt gewesen, dass Mitglieder des Geheimdienstes in einem immens großen Umfang und "routiniert" Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hätten.

Es sei unvorstellbar, dass jemand, der für die afghanischen Sicherheitsdienste gearbeitet habe und noch dazu – wie der Kläger – acht Jahre lang in der Laufbahn eines Offiziers tätig gewesen und währenddessen vier Mal befördert worden sei, nichts von den schweren Menschenrechtsverletzungen gewusst habe, die innerhalb wie außerhalb Afghanistans bekannt gewesen seien. Die afghanischen Sicherheitsdienste seien während des damaligen Regimes für ihre brutalen Methoden berüchtigt gewesen.

Eine Abschiebung hat der Afghane aber nicht zu befürchten: Denn aufgrund einer bestandskräftigen Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge besteht ein Abschiebungsverbot aus humanitären Gründen (§ 60 Abs. 5 AufenthG) wegen einer ihm in Afghanistan drohenden existenziellen Notlage.

VG Göttingen, Urteil vom 16.11.2023 - 4 A 161/18

Redaktion beck-aktuell, gk, 6. Dezember 2023.