Sexualisierte Belästigung am Lehrstuhl: Weniger Gehalt für Professor

Das VG Göttingen hat einen Professor der Universität Göttingen um zwei Besoldungsgruppen zurückgestuft, weil er mehrfach Mitarbeiterinnen, Studentinnen und Doktorandinnen sexualisiert belästigt haben soll. Er durfte jedoch im Dienst bleiben.

Der Universitätsprofessor war unter anderem an der Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie der Göttinger Universität als Beamter auf Lebenszeit beschäftigt. Nachdem ihm mehrere Frauen sexualisierte Belästigungen (unterhalb der Strafbarkeitsschwelle) im Dienst von 2006 bis 2017 vorgeworfen hatten und ihm zudem ein übermäßiger Alkoholkonsum angelastet wurde, verbot die Lehranstalt dem Professor die Führung der Dienstgeschäfte und erteilte ihm ein Hausverbot. Mit einer Disziplinarklage wollte ihn die Universität schließlich wegen insgesamt 44 Vorfällen aus dem Beamtenverhältnis entfernen. Der Forstwissenschaftler bestritt die Vorwürfe.

Die 5. Kammer des VG Göttingen (Urteil vom 11.10.2023 – 5 A 2/18) stufte den Professor nach § 10 Abs. 2 S. 1 NDiszG um zwei Besoldungsgruppen (von W 3 auf W 1) zurück. Nach den üblichen Gehaltsunterschieden zwischen den Besoldungsgruppen dürfte hier ein Einkommensverlust von mehr als 1.000 Euro im Monat eintreten. Sein Statusamt behält er.

Das VG sah es nach der Vernehmung von 19 Zeuginnen und Zeugen als erwiesen an, dass der Wissenschaftler verbal und durch Berührungen Betroffene über Jahre hinweg in sexualisierter Weise belästigt hatte. Dadurch habe er in schwerwiegender Weise die ihm auferlegte Dienstpflicht zu einem achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten nach § 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG verletzt. Sechs dieser Fälle stufte die Kammer als sexuelle Belästigung nach § 3 Abs. 4 AGG ein. Er habe die für Universitäten prägenden besonderen Abhängigkeitsverhältnisse ausgenutzt, um Macht zu demonstrieren, und die betroffenen Frauen in ihrer Würde verletzt.

VG: Vertrauensverhältnis nicht endgültig zerstört

Die Disziplinarmaßnahme, so das VG weiter, sei nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Dabei habe es auch berücksichtigt, dass die Universität nach ermahnenden Gesprächen in den Jahren 2012 und 2013 nicht durch weniger einschneidende Disziplinarmaßnahmen versucht habe, auf den Lehrstuhlinhaber einzuwirken, obwohl ihr weitere Vorwürfe bekannt geworden seien. Ferner wurde die Dauer des gerichtlichen Verfahrens berücksichtigt, das bereits Auswirkungen für alle Betroffenen gehabt habe.

Die Kammer ging nicht davon aus, dass das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört ist. Vielmehr erwartet sie, dass der Professor sein Verhalten künftig unter dem Eindruck der Disziplinarmaßnahme ändern wird.

VG Göttingen, Urteil vom 11.10.2023 - 5 A 2/18

Redaktion beck-aktuell, ns, 12. Oktober 2023.