Bei einer Reihentestung waren von 668 Bewohnern mehr als 100 positiv getestet worden. Um dafür zu sorgen, dass die für alle Bewohner angeordnete häusliche Absonderung eingehalten wird, ließ die Stadt um den Wohnkomplex einen Bauzaun errichten und diesen von der Polizei sichern.
Eine vierköpfige Familie, bei der alle Corona-Tests negativ ausgefallen waren, wandte sich im Nachhinein gegen die Abriegelung des Wohnkomplexes. Sie sah ihre Grundrechte verletzt, weil sie sich nicht frei bewegen konnte.
Freiheitsrechte verletzt: Abriegelung durch IfSG nicht gedeckt
Ihre Klage hatte Erfolg. Laut Verwaltungsgericht Göttingen war es rechtswidrig, den Wohnkomplex mit einem Zaun abzusperren und den Zaun durch die Polizei zu sichern (Urteil vom 30.11.23 - 4 A 212/20). Die Abriegelung sei durch das Infektionsschutzgesetz (IfSG) nicht gedeckt gewesen. Dadurch seien die Freiheitsrechte der Familie verletzt worden.
Das IfSG gehe davon aus, dass eine Absonderungsverfügung freiwillig befolgt werde. Bei Verstößen sehe es nur vor, die Quarantänebrecher - was die Familie nicht gewesen sei - zwangsweise in einem Krankenhaus, in bestimmten Fällen in einer anderen Einrichtung - der Wohnkomplex gehöre nicht dazu - abzusondern. Andere Maßnahmen zur zwangsweisen Durchsetzung der Absonderungsverfügung seien unzulässig. Zudem hätte es für die freiheitsentziehende Maßnahme eines richterlichen Beschlusses bedurft, so das VG.
"Unmittelbare Konsequenzen ergeben sich durch das Urteil nicht", sagte ein Gerichtssprecher am Freitag. Für ähnliche Fälle in der Zukunft gebe es nun aber Klarheit darüber, was erlaubt sei. Zudem könne das Urteil eine Grundlage für Schadensersatzansprüche sein.